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Weg frei für längere AKW-Laufzeiten

26. November 2010

Möglich machte dies eine Einigung von Bundesregierung und CDU-Ländern beim Thema Brennelemente-Steuer. Der Bund bekommt zwar die Steuereinnahmen, die Länder erhalten aber Ausgleichszahlungen.

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Das Atomkraftwerk (AKW) Biblis in Hessen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Bundesrat hat das Gesetz über die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke gebilligt. In der Länderkammer wurde nämlich am Freitag (26.11.2010) nicht die erforderliche Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsauschusses erreicht, der das Gesetzgebungsverfahren verzögert hätte. Damit legte der Bundesrat de facto keinen Einspruch gegen den Plan der schwarz-gelben Bundesregierung ein, die 17 deutschen Kernkraftwerke im Durchschnitt zwölf Jahre länger laufen zu lassen.

Steuer soll knapp 14 Milliarden Euro bringen

Möglich wurde das Abstimmungsergebnis durch eine Einigung, die die CDU-geführten Bundesländer und die Bundesregierung in der Nacht beim Thema Brennelemente-Steuer erzielt hatten. Diese ist ebenso wie die Laufzeitverlängerung ein zentraler Bestandteil des Atompakets. Insgesamt soll die Steuer, die die Betreiberkonzerne der Kraftwerke zwischen 2011 und 2016 zahlen müssen, knapp 14 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen spülen - rund 2,3 Milliarden Euro pro Jahr.

Ursprünglich wollte der Bund diese Gelder alleine einstreichen. Weil die Energiekonzerne die zusätzlichen Aufwendungen für die neue Steuer als Betriebsausgaben absetzen können, fürchteten Länder und Kommunen Ausfälle von 500 bis 600 Millionen Euro bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Sie forderten dafür vom Bund Kompensation und werden diese nun wohl erhalten. Konkrete Größenordnungen wurden noch nicht bekannt.

Streit um Zustimmungsrecht des Bundesrats

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier (Foto: AP)
SPD-Fraktionschef Frank-Walter SteinmeierBild: AP

Keine Mehrheit in der Länderkammer bekam die Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundesrats, das Gesetz für zustimmungspflichtig zu erklären. Damit ist das Gesetz praktisch ohne Mitwirkung der Bundesländer zustandegekommen - der zweite große Problembereich im Rahmen des Atompakets. Im Bundesrat nämlich haben Unionsparteien und Liberale - anders als im Bundestag - keine Mehrheit. Die Bundesregierung ist der Ansicht, für ihr Atomgesetz grundsätzlich keine Zustimmung der Länderkammer zu benötigen.

Gegen diese Sichtweise laufen die Oppositionsparteien seit längerem Sturm und drohen mit einer Verfassungsklage. Zuletzt war es SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der hierzu noch einmal die Haltung der Opposition umriss. "Ich bin mir ganz sicher, dass der von der Koalition beschrittene Weg schon vor dem Bundesverfassungsgericht endet", sagte Steinmeier der Nachrichtenagentur dpa. Ohne ausdrückliche Zustimmung der Länderkammer werde das Gesetz verfassungsrechtlich nicht tragen.

SPD hofft auf Bundespräsident Wulff

Bundespräsident Christian Wulff (Foto: dpa)
Bundespräsident Christian WulffBild: picture alliance / dpa

Nach Steinmeiers Worten hätte der Bundesregierung zu denken geben müssen, dass auch der Rechtsausschuss des Bundesrates die SPD-Position teile und eine Zustimmung der Länder für nötig halte. Selbst der zuständige Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sei auf Grund von Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass nur eine kurzzeitige Laufzeit-Verlängerung ohne Einwilligung der Länder-Mehrheit möglich sei.

Fünf SPD-regierte Bundesländer drohen deshalb mit einer Klage in Karlsruhe gegen das Atomgesetz. Die Sozialdemokraten hoffen allerdings noch darauf, dass Bundespräsident Christian Wulff seine Unterschrift verweigert. Steinmeier erwartet, dass Wulff auf das geplante Verfahren ein besonderes Augenmerk legt, bevor er das Gesetz unterschreibt. Die Achtung vor dem Amt des Bundespräsidenten verbiete es aber, über den Ausgang der Prüfung zu spekulieren.

Autor: Stephan Stickelmann (dpa, dapd, afp, rtr)
Redaktion: Sabine Faber