1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Weg frei für die Maut

30. April 2003

Die EU-Kommission hat nach monatelanger Prüfung das geplante LKW-Mautsystem für Deutschlands Straßen genehmigt. Das System "Toll Collect" hat Bezahlfunktionen, wie es sie bald in ganz Europa geben soll.

https://p.dw.com/p/3aE7
Erst zahlen, dann fahrenBild: AP

Die Bundesregierung will Ende August 2003 für Lastwagen Maut-Gebühren für die Benutzung deutscher Autobahnen einführen. Abgerechnet wird über ein satellitengestütztes System namens "Toll Collect". Es funktioniert ohne Eingriff in den Verkehrsfluss auf der Autobahn. Maut-Stationen und Fahrstreifenzwang gibt es nicht. Das System basiert auf der Kombination aus Mobilfunk und dem satellitengestützten GPS-System, das bereits zur Ortung von Schiffen verwendet wird.

Strittige Zusatzdienste

Mit Blick auf die elektronischen Zusatzdienste – dazu gehören unter anderem die Verkehrslenkung und das "Flottenmanagement" – , hatte die EU-Behörde im Dezember 2002 schwere Wettbewerbsbedenken geäußert. "Toll Collect" wollte diese Dienste allein entwickeln und anbieten, das interpretierte die EU-Kommission als Wettbewerbsverzerrung und ungerechtfertigte Monopolbildung. Jetzt hat "Toll Collect" angeboten, bei der Entwicklung der Zusatzdienste Konkurrenten mit ins Boot zu lassen. Die Toll Collect GmbH wird zu jeweils 45 Prozent von der Daimler-Chrysler AG und der Deutsche Telekom AG gehalten. Der französische Autobahnbetreiber Cofiroute S.A. besitzt die restlichen zehn Prozent.

Ein System für alle

Telematikdienste zur Verkehrslenkung, mit Hilfe derer das gesamte europäische Maut-System auf ein satellitengestütztes System umgestellt werden könnte, sind der Wunschtraum der EU-Kommission. EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio sind Staus an Maut-Häuschen, auf Straßen sowie vor Brücken und Tunneln ein Dorn im Auge. Statt jedes Mal erneut bezahlen zu müssen, sollen Fahrzeuge elektronisch erfasst und die Zeit raubende Barzahlung weitgehend abgeschafft werden. Lastwagen- und Busfahrer sollen von 2005 an nur einmal für alle europäischen Strecken bezahlen können. Für private Autofahrer soll das von 2010 an möglich sein. Dafür müssen die Bezahlsysteme der Maut-Strecken technisch aneinander angepasst werden.

Palacio will, dass Kunden bei einem beliebigen europäischen Betreiber einer Maut-Strecke einen Abo-Vertrag schließen können. Der Vertrag gilt dann für alle Strecken in der EU. Betreiber solcher Systeme sollen von 2005 den Service für Lastwagen (über 3,5 Tonnen Gewicht) und Reisebusse (mit Platz für mehr als neun Personen) anbieten. Nach dem Motto "ein Vertrag pro Kunde und ein Erfassungsgerät je Fahrzeug" sollen unter anderem Satelliten- und Handy-Technik zum Zuge kommen. Die Kommission setzt dabei vor allem auf das geplante EU-Satellitennavigationssystem "Galileo". Dieses soll nach 2008 eine deutlich genauere Positionsbestimmung ermöglichen als das derzeit genutzte amerikanische GPS-System. Ab dann sollen nach Vorstellung der EU-Kommission nur noch satellitengestützte Systeme installiert werden dürfen. Bis 2012 würden die bisherigen Abrechnungssysteme auf Mikrowellen-Basis abgeschafft.

"Verkehrsnetz Europa" soll kommen

EU-Kommissarin Palacio kündigte an, das seit 1996 laufende ehrgeizige Projekt der transeuropäischen Verkehrsnetze wiederzubeleben. Angesichts der chronischen Ebbe in den Kassen der meisten EU-Staaten plädiert die EU-Verkehrskommissarin für mehr Mischfinanzierungen von Straßenprojekten durch den Staat und private Investoren. Die dadurch vermehrt anfallenden Straßenbenutzungsgebühren sollten nach einem Vorschlag der Kommission von einem EU-einheitlichen satellitengestützten System während der Fahrt kassiert werden.

Bis 2010 sollen etwa 400 Milliarden Euro in den Ausbau von Schienen, Straßen und Wasserwegen fließen. Darin sind noch keine Investitionen in den zehn neuen EU-Mitgliedern berücksichtigt, die im Mai 2004 dazustoßen. Derzeit fließen nach Berechnungen der Kommission etwa 15 bis 20 Milliarden Euro in die Netze. Um den zusätzlichen Verkehr nach dem Beitritt zehn neuer Länder in die EU im kommenden Jahr zu verkraften, sind nach Auffassung Palacios mehr und besser ausgebaute Straßen nötig. In Frankreich beispielsweise wird der Autobahnbau privat finanziert. Die Folge sind nahezu flächendeckende Autobahngebühren auch für PKW. (arn)