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Washington soll vermitteln

Peter Philipp7. März 2002

Ariel Sharon trat vor einem Jahr sein Amt als starker Mann an, der Israel den richtigen Weg weisen würde. Das Gegenteil ist eingetreten, meint Peter Philipp im DW-WORLD-Kommentar.

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Als Ariel Sharon vor genau einem Jahr das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, waren die meisten Israelis überzeugt, dass sie einen Mann gewählt hatten, der wisse, "wo es lang geht" und was getan werden müsse, um die tägliche Gewalt in der Auseinandersetzung mit den Palästinensern zu beenden.

Heute wissen sie, dass dies ein folgenschwerer Irrtum war. Die Gewalt hat nicht nachgelassen sondern zugenommen, vom Frieden, auch nur von einer Waffenruhe, ist man weiter entfernt denn je und Rezepte für eine Beendigung dieses Zustandes gibt es nicht. Außer der ebenso wirren wie gefährlichen Parole, die Scharon in den letzten Tagen ausgab: Man müsse den Palästinensern erst einmal einen noch schwereren Schlag versetzen, um sie zu Vernunft, Einsicht und Umkehr zu bewegen.

Die israelischen Streitkräfte scheinen diesen Rat bereits zu befolgen und ihre Vorstöße in Orte und Flüchtlingslager der palästinensischen Gebiete werden zur Routine. Mit einer drastisch ansteigenden Anzahl von Opfern. Die Palästinenser bleiben davon aber scheinbar unbeeindruckt. Im Gegenteil: Je härter Israel zuschlägt, desto enger schliessen sich ihre Reihen und desto unbestrittener wird die Rolle des Mannes, den Scharon gerne als "irrelevant" darstellt, der aber dennoch Führer und Symbolfigur der PLO bleibt: Yassir Arafat.

Wenn er vor einem Jahr gewusst hätte, wohin dies führt, dann wäre er der Koalition mit Scharon nicht beigetreten, raisonniert jetzt Außenminister Schimon Peres. Er zieht aber nicht die von ihm längst geforderte Konsequenz, sondern bleibt in der Koalition. Wahrscheinlich, weil sein Partei-Führer, Verteidigungsminister Ben Eliezer, lauthals verkündet, in solch einer Situation dürfe man "der Nation nicht den Rücken kehren". Spitze Zungen freilich sagen Peres nach, dass er immer schon ein Ministeramt dem harten Stuhl in den Reihen der Opposition vorgezogen habe.

Von den Hauptbeteiligten der chaotischen Ereignisse ist also zumindest kurzfristig keine Änderung zu erwarten. Deswegen wandert der Blick in letzter Zeit immer öfter ins Ausland. Und da rührt sich tatsächlich langsam etwas. Noch beschäftigt man sich mit der saudischen Initiative, die Israel die Anerkennung durch die Arabische Welt anbietet, wenn es die besetzten Gebiete räume. Aber bisher ist mehr als offen, ob dies tatsächlich eine mehrheitsfähige Position in der arabischen Welt ist und ob die Palästinenser damit einverstanden sind. Und es gibt den Vorschlag des ägyptischen Präsidenten Mubarak, Scharon und Arafat zu Verhandlungen einzuladen – bisher jedoch ohne erkennbare Akzeptanz bei den angesprochenen Parteien.

Aber es sind jetzt auch die ersten Anzeichen dafür zu sehen, dass Washington seine bisher scheinbar vorbehaltlose Unterstützung für Scharon abzulegen beginnt: Außenminister Colin Powell jedenfalls stellte öffentlich das Vorgehen Israels in Frage und es darf angemommen werden, dass dies eine differenziertere Nahostpolitik der USA einläutet.

Die wäre dringend nötig. Denn so sehr man auch faktisch nachweisen kann, dass die Palästinenser die "Intifada" und damit den Kreislauf der Gewalt begonnen haben, ist solche Ursachenforschung doch müßig und überflüssig. Worauf es längst ankommt ist, dass die Gewalt ein Ende findet und dass man wieder verhandelt. Da die Parteien es alleine nicht schaffen, wie wäre es mit der Kombination der gegenwärtigen Initiativen? Washington zitiert Scharon und Arafat zu Verhandlungen in die USA und unterbreitet beiden ein umfassendes Friedenskonzept für den Nahen Osten mit dem Ziel des israelischem Rückzugs und einem arabisch-israelischen Frieden. Bisher ist nichts davon zu hören, langfristig wird Washington aber kaum darum herumkommen.