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Washington auf dem Öko-Trip

25. Februar 2010

Amerika ist das Land der Plastiktüten. Bei jedem Einkauf, vor allem im Supermarkt, gibt es sie im Überfluss gratis dazu. In der Hauptstadt wurde das jetzt geändert – der Umwelt zuliebe.

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Symbolbild Fernschreiber mit dem Weißen Haus in Washington im Hintergrund (Montage: DW)
Bild: DW

Wissen Sie, was "doublebagging" ist? Das bedeutet, dass Sie ihre Packung Milch im Supermarkt nicht nur in einer Plastiktüte verpackt bekommen, sondern in zwei. Denn eine der meist dünnen Plastiktragetaschen könnte ja reißen, wenn Sie sie den halben Meter vom Einkaufwagen in den Kofferraum Ihres Wagens hieven. Aber auch eine Packung Papiertaschentücher wird - es lebe die Macht der Gewohnheit - schon mal doppelt verpackt.

So kann es passieren, dass Sie mit einem halben Dutzend Tüten aus der Tür gehen, obwohl Sie eigentlich gar nicht viel gekauft haben. Denn die Kassiererin oder der "Einpacker" an der Kasse gehen in der Regel sehr großzügig mit der Tütenvergabe um. Wer da - typisch deutsch - mit einem der in der Heimat bekannten Plastik-Klappkörbe ankommt, um Kartoffeln, Brot und Wurst zu verstauen, wurde vor wenigen Jahren noch erstaunt angesehen. Erhob man nicht schnell genug Einspruch, wurden einfach die in die Plastiktüten gepackten Einkäufe in den Korb gestellt.

Tote Fische im Anacostia River

Fernschreiber Christina Bergmann

Seit einiger Zeit hat sich das geändert. Schon seit längerem stellt man sich in vielen Läden die Frage: Papier oder Plastik? Damit verbunden ist ebenso die Option, die vermeintlich umweltschonendere Papiertüte zu wählen. Und auch die Supermarktketten fingen an, wieder verwendbare Taschen zu verschenken. Wer mit dem Klappkorb ankam, wurde nicht mehr ganz so erstaunt angesehen.

Doch die kostenlosen Plastiktüten wurden weiter verschwenderisch in Anspruch genommen. Umweltschützer im Washingtoner Raum forderten Maßnahmen angesichts des Plastikmülls, der nicht nur in Bäumen und Büschen sondern auch im Anacostia River landete, dort Abflüsse verstopfte und Fische tötete. Die Stadt wurde aktiv. Die nicht ganz neue Idee: Wenn man für etwas bezahlen muss, wirft man es nicht so leicht weg. Oder man verzichtet darauf. So gilt seit Anfang des Jahres eine Gebühr von fünf US-Cent für jede Tüte.

Hauptstadt als Vorreiter

Seitdem geben die Zeitungen der US-Hauptstadt Tipps, wo man schicke Stoff-Alternativen kaufen kann oder sogar umsonst bekommt und welche Tasche für welchen Einkauf am besten geeignet ist. Für die Herren der Schöpfung wird da beispielsweise die Camouflage-Edition empfohlen. Und wie gehen die Washingtoner mit der neuen Gebühr um? Die Spanne ist breit: Die einen bringen klaglos ihre Jutetaschen mit, andere weigern sich, die fünf Cent zu bezahlen und jonglieren ihre Einkäufe ohne schützende Hülle nach Hause. Was dann auch schon mal schiefgeht. Aber für die Unverbesserlichen gilt offensichtlich: Bevor man der Stadt Geld schenkt, riskiert man, dass die Äpfel über den Parkplatz kullern. Dabei kommt die Gebühr, die übrigens auch für Papiertüten gilt, dem Schutz des Anacostia River zugute.

Umweltschützer beobachten die US-Hauptstadt jetzt genau. Washington ist ein Experiment. Nur in San Francisco gibt es ein ähnliches Verbot von Plastiktüten, in Los Angeles soll die Tütengebühr im Juli eingeführt werden. Überall sonst im Land gibt es zwar entsprechende Initiativen, die aber oft am Widerstand der Bürger scheiterten. Funktioniert es in Washington, ist der Damm vermutlich gebrochen. Bereits jetzt ist klar, dass der Verbrauch von Plastiktüten dramatisch gesunken ist. Die Fische im Anacostia River können sich freuen.

Autor: Christina Bergmann
Redaktion: Nicole Scherschun