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Was wird aus Ground Zero?

Daniel Scheschkewitz 13. Januar 2002

Um die Zukunft des World-Trade-Center-Geländes in New York ist ein Streit entbrannt. Soll daraus eine Gedenkstätte gemacht, oder soll das Gelände wieder kommerziell genutzt werden?

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Aufräumarbeiten am Ground ZeroBild: AP

Das gigantische Kraterloch am Ground Zero verändert sich täglich: Heute hier ein Stahlgerippe, das verschwindet, morgen eine ausgebrannte Gebäudeschale dort. Über 900.000 Tonnen Schrott sind seit Mitte September beseitigt worden. Da, wo vor dem 11. September die beiden Türme des World Trade Centers standen, ist inzwischen eine weitgehend leere Fläche zu sehen. Die Aufräumarbeiten, für die zunächst zwei Jahre angesetzt waren, könnten nach neuen Berechnungen schon im Juni abgeschlossen sein.

Aber was dann? Um das 6,5 Hektar große Gelände ist ein Streit entbrannt, den die Stadtväter New Yorks hätten kommen sehen können. Monika Iken, deren Mann Michael zu den rund 2900 Toten und Vermissten des Anschlages auf das World Trade Center zählt, sagt: "Es geht um Geld, um viel Geld - so ist nun mal die Welt und das World Trade Center war das finanzielle Herzstück dieser Welt."

Baupläne für Bürogebäude schon fertig

Larry Silverstein ist der Pächter des World Trade Centers. Im Juli 2001 unterzeichnete er einen Pachtvertrag in Höhe von 3,2 Milliarden US-Dollar. Dieser Vertrag gibt ihm das Recht, neu zu bauen - Pläne für eine neue U-Bahnstation und ein 50-stöckiges Bürogebäude gibt es schon. Und auch die von den Stadtvätern New Yorks eingesetzte Entwicklunsgbehörde geht davon aus, dass in der Umgebung der zerstörten Türme neue Geschäfte und Büro-Einheiten enstehen werden. Behördenchef John Whitehead könnte sich neue Büro-Gebäude in der näheren Umgebung vorstellen, die zwischen 40 und 60 Stockwerke hätten.

Doch der Vorstellungskraft der Pächter und Stadtentwicklungs-Planer sind enge Grenzen gesetzt. Schon haben sich die Hinterbliebenen und ihre Fürsprecher aus Politik und Behörden zu einer Interessengruppe zusammengeschlossen. Sie wollen den kommerziellen Neubau-Plänen ausgereifte Konzepte für eine bleibende Erinnerungstätte entgegensetzen. Museumspädagoge Raymond Gastill stellt sich die Frage, ob dort Bilder hin sollen oder eine abstrakte Installation. "Wollen wir einen Ort der inneren Einkehr oder wollen wir Aktivitäten? Soll es ein interaktives Element geben? Wollen wir ein Museum oder lieber ein Stück Schiefer, in das wir unsere eigenen Erinnerungen projizieren können?"

Lobby der Angehörigen will Gedenkstätte

Bis jetzt gibt es konkrete Pläne nur für die vorübergehende Einrichtung einer Lichtinstallation, die ihrer Form nach an die zerstörten Türme erinnern soll. Die Lobby der Angehörigen will sich damit nicht zufrieden geben. Sie will eine permanente Erinnerungsstätte und das gesamte Gelände zu heiligem Land erklärt wissen, auch wenn Witwe Monica Iken weiß, dass das Konflikte auslösen wird: "Aber ich kann schon eine große Menschenkette von Leuten sehen, die genauso denken wie ich und die dort solange stehen werden, bis unsere Wünsche verwirklicht sind."