1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Was kommt nach der Sieben?

Petra Tabeling 11. Juli 2002

Nie zuvor lebten so viele Menschen auf der Erde wie heute. Im Jahr 2015 werden es bereits sieben Milliarden sein. Die Ressourcen werden knapper und die Problematik wird international wenig beachtet.

https://p.dw.com/p/2TQ4
China: Bevölkerungskontrolle im BlickBild: AP

Am internationalen Weltbevölkerungstag, der 1987 von den Vereinten Nationen auf den Weltkalender gesetzt wurde, zählt sich die Welt selbst: Derzeit leben über sechs Milliarden Menschen auf der Erde. Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich die Weltbevölkerungszahl nahezu vervierfacht. Jedes Jahr wächst die Zahl der Menschen auf der Erde um weitere 80 Millionen, schätzt die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung - etwa so viele Menschen wie derzeit in Deutschland leben. 99 Prozent des Weltbevölkerungswachstums findet heute in den Entwicklungsländern statt.

Milliardenschritte im Industriezeitalter

In nur 200 Jahren stieg die Bevölkerung auf das Sechsfache an: Während im Jahre 1800 die erste Milliarden-Marke erreicht wurde, waren es 1927 zwei, 1974 vier und 1987 bereits fünf Milliarden Menschen. Momentan wächst die Weltbevölkerung etwa alle 13 bis 17 Jahre um eine weitere Milliarde. Wann der nächste Milliardenschritt gemacht werde, hängt von den Zuwachsraten in Indien, China und Afrika ab. Doch im Jahr 2030 könnten es bereits neun Milliarden Menschen sein, schätzen der UN-Bevölkerungsfond und ihr Kooperationspartner in Deutschland, die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung.

Die Gründe für den explosiven Anstieg sind vielfältig: Die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in den weniger entwickelten Regionen der Erde und der Anstieg der Nahrungsproduktion nach dem zweiten Weltkrieg zum Beispiel erhöhten die Lebenserwartung und senkten die Säuglingssterblichkeit - weltweit.

Ressourcen gefährdet

Während das Wachstum in China bis 2050 voraussichtlich zum Stillstand komme, sei die Entwicklung in Indien noch offen. Aber vor allem in den ärmeren Ländern müsse der sprunghafte Anstieg der Bevölkerung Sorge auslösen, denn sie drohe die Reserven an Nahrung und Trinkwasser zu überfordern. Stefanie Ettelt, Pressesprecherin der Stiftung in Hannover, kritisiert die wenig erfolgte Umsetzung des so genannten "Kairoer Aktionsprogramms", das auf der internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) 1994 in Kairo verabschiedet wurde.

180 Staaten vereinbarten neue Richtlinien zur internationalen Bevölkerungspolitik: Familienplanungsmethoden, Aufklärung zum Schutz vor HIV/Aids sowie die Gesundheitsversorgung für Schwangere sollten in den nächsten 20 Jahren verbessert werden - und somit den Wachstum begrenzen. Doch es wäre für viele nur beim Unterschreiben geblieben, klagt Stefanie Ettelt. Von 17 Milliarden, die jährlich für diese Maßnahmen aufgebracht werden müssten, werden nur 2 Milliarden wirklich eingesetzt.

Deutschland: Kinderzahl mit Komma

In Deutschland herrscht wie in ganz Westeuropa der umgekehrte Trend: Durchschnittlich hat ein Paar 1,3 Kinder. "Von Wachstum kann da keine Rede mehr sein", so die Pressesprecherin. Auf 1000 Bundesbürger kommen neun Geburten und zehn Todesfällen. Die Zahl der derzeit 82 Millionen Deutschen könne im Jahr 2050 aber bereits auf 70 Millionen sinken, so lauten Erhebungen der Vereinten Nationen. "Diese Entwicklung sei schon ernst zu nehmen, wenn es um die Sicherung der Altervorsorge geht. Und das müsse vor allem die Politiker beschäftigen."

Unattraktive Familienpolitik

Die Komma-Kind-Zahl aber liegt ganz im europäischen "Trend": 1,8 Kinder werden in Frankreich geboren, Spanien und Italien bilden mit 1,1 Kindern das Schlusslicht. Diese niedrigen Geburtenraten sind vor allem auf soziale Umstände zurückzuführen. Immer mehr Frauen gehen einer Beschäftigung nach und die Generation der 30-Jährigen hat eine andere Lebensplanung, in der Kind und Familie zurückgestellt werden. Nicht zuletzt wegen der unattraktiven Familienpolitik in Deutschland, so Stefanie Ettelt.

Aids als Reduktionsfaktor?

Krankheiten, Hungersnöte und Kriege sind Faktoren, die eine Bevölkerung reduzieren. Annahmen über die Immunschwächekrankheit Aids, sie werde künftig ganze Bevölkerungen auslöschen, können nur als zynische Aussagen betrachtet werden, so die Pressesprecherin. Die Zahlen stünden in keinem Verhältnis: 3 bis 4 Millionen Menschen, die an Aids jährlich sterben, stehen 80 Millionen Geburten gegenüber.