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Was ist eigentlich ein Passivhaus?

18. März 2024

Warme Räume im Winter fast ohne Heizen und im Sommer schön kühl? Das geht mit einem Passivhaus. Wir erklären, wie es funktioniert. Und wie es dank schlauer Bauweise gelingt, viel Geld und Energie zu sparen.

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Blick auf eine Straße mit kubischen Passivhäusern Esslingen am Neckar, Baden-Württemberg, Deutschland
Passivhäuser holen Wärme ins Innere und halten sie dort festBild: Werner Dieterich/imageBROKER/picture alliance

Wenn wir nicht in tropischen Regionen wohnen, müssen wir unsere Häuser, Werkstätten und Büros heizen. Und das passiert meistens immer noch mit fossilen Energieträgern wie Gas oder Öl. In Deutschland etwa wird fast 80 Prozent der Wärme so erzeugt. Doch dabei entstehen viele Treibhausgase, die den Klimawandel antreiben. 40 Prozent aller CO2-Emissionen kamen 2023 aus dem Gebäudesektor. Wie wäre es also, wenn wir unsere Häuser fast gar nicht heizen müssten und es trotzdem warm hätten? Genau das ist in einem Passivhaus möglich.

Was ist die Idee hinter dem Passivhaus?

Ein Passivhaus heißt so, weil fast keine externe Energie zum Heizen benötigt. Das Haus erwärmt sich quasi selbst - also passiv - und behält diese Wärme. Dabei wird die Wärme genutzt, die sowieso anfällt. So entsteht etwa Wärme beim Kochen oder Duschen, auch elektrische Geräte und die Körper der Bewohner produzieren Wärme.

Viel Wärme kommt außerdem mit der Sonneneinstrahlung durch die Fenster. Passivhäuser sind so gebaut, dass all diese Wärme im Haus bleibt. Je weniger zusätzlich geheizt werden muss, desto weniger Treibhausgase entstehen. Und desto weniger Geld muss man für das Heizen ausgeben.

Wie viel Heizenergie spart ein Passivhaus ein?

Ein Passivhaus verbraucht etwa 90 Prozent weniger Heizwärme als ein durchschnittlicher Altbau und 75 Prozent weniger im Vergleich zu einem Neubau.

Das erste Passivhaus Deutschlands in Darmstadt im Winter
Das erste Passivhaus weltweit würde übrigens in Deutschland gebaut: in den Jahren 1990/91 in Darmstadt-Kranichstein - und funktioniert bis heuteBild: GFDL/Passivhaus Institut

In der Regel benötigt ein Passivhaus für die Heizung im Jahr nicht mehr als 1,5 Liter Öl oder 1,5 Kubikmeter Erdgas pro Quadratmeter Wohnfläche. Das entspricht 15 Kilowattstunden (kWh). Bei herkömmlichen Gebäuden ist es zehnmal so viel für die Heizung , im Schnitt etwa 150 kWh pro Quadratmeter.

Anders ausgedrückt: Um ein 30-Quadratmeter-Zimmer in einem Passivhaus auch bei richtig kalten Wintertemperaturen zu heizen, braucht man nur zehn Teelichter oder insgesamt vier Personen, die sich gleichzeitig in diesem Zimmer aufzuhalten.

Wie genau funktioniert ein Passivhaus?

Damit ein Passivhaus keine Wärme verliert, ist es von einer dicken Wärmedämmung umgeben. Sie schützt die Außenwände vor Kälte, aber auch vor Hitze im Sommer. Die Fenster sind dreifach verglast und dadurch besonders isolierend. 

Bei neugebauten Passivhäusern sind die großen Fensterflächen in der Regel nach Süden ausgerichtet. So kommt mehr Sonnenwärme ins Innere, als die Fenster an Wärme abgeben. Selbst im Winter sinkt die Temperatur auf der Innenseite der Fensterflächen in der Regel nicht unter 17 Grad. Im Sommer verhindert ein außen liegender Sonnenschutz an den Fenstern, dass die Sonneneinstrahlung das Gebäude zu stark aufwärmt.

Neben dieser wärmedämmenden Isolierschicht muss das gesamte Innenhaus von einer weiteren luftdichten Hülle umschlossen sein. Sie verhindert, dass kalte Luft durch Fugen oder Ritzen nach innen gelangt, und die warme Luft des Hauses nach außen entweicht. An den Türen oder Fenstern übernehmen wärmeisolierende Rahmen diese Funktion.

Ganz vereinfacht gesagt: Die besonders starke Dämmung und Luftdichtheit funktionieren wie eine Thermoskanne, die eine heiße Flüssigkeit warmhält.

Neben der Isolierung ist eine gute Lüftungsanlage für ein Passivhaus unverzichtbar. Zum einen muss frische Luft ins Haus gelangen, da es ja luftdicht gebaut ist. Doch wenn man Fenster öffnet, würde im Winter zu viel Wärme nach außen entweichen. Deswegen zieht eine Lüftungsanlage Frischluft von außen ins Innere. Dabei können Schadstoffe wie Rußpartikel oder Pollen direkt ausgefiltert werden. 

Diese Außenluft wird durch einen sogenannten Luft-Wärmeübertrager geschickt. Dorthin wird gleichzeitig die verbrauchte Luft aus dem Haus geleitet, vor allem aus Räumen wie Bad oder Küche, wo besonders viel Wärme entsteht. Die warme Hausluft erwärmt die kühle Außenluft und wird dann als Abluft nach außen geleitet. Die Frischluft von außen ist nun warm und wird ins Haus geleitet.

Im Sommer kann die Lüftungsanlage so eingestellt werden, dass warme Frischluft durch die Luft von innen abgekühlt wird. Zudem ist es dann sinnvoll - wie bei  anderen Häusern auch - nachts die Fenster zum Durchzug zu öffnen, um kühle Nachtluft ins Haus zu lassen.

Welche Passivhäuser gibt und wo stehen sie überall?

Sowohl Ein- als auch als Mehrfamilienhäuser können als Passivhäuser gebaut werden. Besonders nachhaltig sind Mehrfamilienhäuser, weil so weniger Fläche pro Wohneinheit verbraucht wird. Auch Bürogebäude, Schulen, Kirchen oder Verwaltungsgebäude werden weltweit immer öfter als Passivhäuser gebaut.

Gerade für Gebäude an vielbefahrenen Straßen ist dabei das "Lüften ohne Lüften" von Vorteil, weil die Schadstoffe gefiltert werden und kein Straßenlärm über geöffnete Fenster eindringt.

Luftaufnahme des Heidelberger Stadtteil "Bahnstadt" im März 2022
Der neue Stadtteil "Bahnstadt" im deutschen Heidelberg wurde komplett in Passivbauweise gebaut und soll bei der geplanten Fertigstellung 2027 die größte Passivhaussiedlung der Welt seinBild: Daniel Kubirski/picture alliance

Wie andere Häuser können auch Passivhäuser eigene erneuerbare Energie erzeugen, vor allem durch Solaranlagen. Auch Geothermie-Anlagen lassen sich einbauen. Mit der Erdwärme kann der Restbedarf an Heizenwärme ebenso erzeugt werden wie warmes Wasser zum Duschen.

Passivhäuser, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen, werden in Deutschland als Passivhaus Plus bezeichnet. Bei besonders viel Energieüberschuss werden sie Passivhaus Premium genannt.

Im Prinzip lassen sich auch Altbauhäuser zum Passivhaus umwandeln. Allerdings sind Aufwand und Kosten für einen Komplettumbau sehr hoch. Doch für eine Wärme-Sanierung können viele Komponenten der Passivbauweise auch bei Altbauten verwendet werden.

DW-Redakteurin Jeannette Cwienk
Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin mit Fokus auf Klima- und Umweltthemen