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Was heißt "E-Government" auf deutsch?

12. Dezember 2001

Die Daten sollen laufen, nicht die Bürger – Der Bund hat eine E-Government-Initiative angekündigt. Das war dringend notwendig. Der deutsche Beamtenapparat hat Berührungsängste mit dem Internet.

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Die Zukunft soll besser werden.Bild: Bilderbox

Ein Alptraum: Umzug geschafft, Kisten ausgepackt, endlich das Salatbesteck wieder gefunden. Aber halt, da war doch noch was: richtig, die Ummeldung. Dem Einwohnermeldeamt muss die neue Adresse mitgeteilt werden.

Dafür geht dann meistens gleich an ganzer Tag drauf. Der Gang zur Behörde, das Ziehen der Wartenummer, der Schrecken, dass 65 Leute vor einem da sind, das langsame Nur-Noch-in-die-Leere-Starren nach 3 langen Wartestunden ... Dieses weit verbreitete Horrorszenario könnte bald der Vergangenheit angehören. Der deutsche Amtsschimmel will online gehen.

Bund goes online

Bundesinnenminister Otto Schily hat angekündigt, dass bis Mitte des Jahrzehnts zwischen 300 und 400 "Behördendienste" online abgewickelt werden können. Der Bund will dafür 1,65 Milliarden Euro investieren. Musterungen, Kriegsdienstverweigerungen, BaföG-Anträge oder Zollerklärungen sollen dann in digitaler Form unseren Behördenalltag angenehmer gestalten.

Ein ehrgeiziges Ziel – seit Mai diesen Jahres gibt es mit www.bund.de ein umfassendes Behördenportal im Netz. Noch allerdings steckt das Projekt in den Kinderschuhen, interaktive Elemente finden sich nur wenige.

Ganz uneigennützig ist das Vorhaben "BundOnline 2005" nicht. Der Bund (und auch die Länder und Gemeinden) müssen sparen. 400 Millionen Euro pro Jahr erhofft sich der Staat auf diesem Weg einsparen zu können. Auf deutsch heißt das Personalabbau – die andere Seite der E-Government-Medaille.

Digitale Behörden-Wüste

E-Government in Deutschland ist als Idee nicht neu. Seit Jahren sollen Rathäuser und Verwaltungen umgebaut werden. "Vom Vater Staat zum Partner Staat!" lautet die Image-Devise. Die Umsetzung ist jedoch schwieriger als erwartet: fehlendes Personal und fehlende Gelder, mangelndes Verständnis in den Führungsetagen, unabgestimmte Strategien und technische Standards, zu strenge Datenschutzbestimmungen und letztlich auch der interne Modernisierungswiderstand in den Behörden – Verwaltungen sind "große Tanker".

Einer IBM-Studie zu Folge sind von den 10.000 größeren Rathäusern noch nicht einmal die Hälfte im Netz. Die meisten schon existierenden Homepages seien zudem nur "Schaufenster-orientiert", böten also keine interaktiven Dienste an.

Im Vergleich

Behördenportale sollten drei wesentliche Funktionen erfüllen: Basis-Information (Öffnungszeiten), interaktiver Service (Formulare) und "Zwei-Wege-Kommunikation" (Bürgerberatung). Die Universität vom Amsterdam hat sich dem Thema angenommen und die Internetauftritte der europäischen Regierungen untersucht. Im "Second Internet Intelligence Test of EU Governments" lag Deutschland nur auf Platz sechs. Die Schweden schnitten bei dem Vergleich am besten ab. Die europäischen Nachbarn und Internet-Pionier USA sind der Bundesrepublik in punkto elektronischer Datensicherung um einiges voraus - hoffentlich nicht mehr lange. (ks)