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Warum so wenige spritsparende Autos fahren

22. März 2010

Bundespräsident Horst Köhler befürwortet höhere Benzinpreise. Nur so sei der Autofahrer zu umweltfreundlicheren Fahrzeugen zu bewegen. Doch das Angebot an bezahlbaren alternativen Antrieben ist in Deutschland gering.

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Autos auf der A5 (Foto: AP)
Bild: AP

97 Prozent der deutschen Autofahrer befürworten einer Umfrage zufolge alternativ angetriebene Autos. Nur 16 Prozent würden sich aber beim nächsten Kauf "bestimmt" ein Fahrzeug zulegen, das statt mit Benzin oder Diesel mit Biodiesel, Auto-, Erd- oder Flüssiggas betrieben wird. Das ermittelte eine führende Autofachzeitschrift zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Infratest in einer Befragung von 1000 männlichen Autofahrern.

Als Kaufhürden wurden zu geringe Steuervorteile, vermeintlich nicht ausgereifte Technik und ein unzureichendes Tankstellennetz von den Befragten genannt. Eine Mehrheit glaubt aber, dass alternative Antriebe demnächst einen ebenso großen Absatzmarkt haben wie herkömmliche.

Zu wenig Angebote

Ein Stecker für Elektroautos (Foto: VDE)
Ein Stecker für ElektroautosBild: VDE

Wer heute in Deutschland gewillt ist, ein spritsparendes Auto zu kaufen, wird vom Angebot enttäuscht.

Elektroautos zum Beispiel gibt es zwar als Prototypen, die Serienfertigung steht aber noch aus. Französische und japanische Hersteller werden frühestens Ende 2010 - wahrscheinlich aber erst in zwei Jahren - sogenannte E-Fahrzeuge in größeren Stückzahlen anbieten können, zum Preis von einem Mittelklassewagen. Der von diesen Fahrzeugen benötigte Strom kostet zwar nur ein Drittel des heutigen Benzinpreises - aber die Umweltbilanz des Stromverbrauches sehen Fachleute kritisch. Die Reichweite der Elektrocars beträgt derzeit maximal 200 Kilometer. Danach muss das Auto für mehrere Stunden an die Steckdose - oder teure Wechselbatterien sind fällig. Öffentliche Ladestationen aber sind noch gar nicht installiert.

Querschnittmodell eines Hybridautos (Foto: DPA)
Querschnittmodell eines HybridautosBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Bereits bei Händlern und auf den Straßen zu finden sind Hybridautos. Deren Motor wird durch ein Stromaggregat ergänzt. Auf dem deutschen Markt gibt es derzeit von nur zwei ernst zu nehmende Anbieter. Die Motoren der japanischen Automarken haben einen tatsächlichen Verbrauch von 4 Litern im Schnitt und liegen damit drei bis vier Liter unter dem Verbrauch der mehrheitlich in Deutschland auf dem Markt angebotenen PKW-Modelle. Der Neupreis der innovativen Japaner hält allerdings viele Autofahrer vom Kauf ab. Die Fahrzeuge kosten zwischen 20 und 30.000 Euro. Das ist ein durchschnittlicher Jahresverdienst in Deutschland, für viele ist das zu teuer.

Bliebe Erdgas: Zu beklagen sind aber auch hier ein schmales Angebot an Automodellen mit einer guten Reichweite von wenigstens 400 Kilometern. Meist ist der Tank nach 250 Kilometern leer - wie bei dem Kombi eines schwedischen Herstellers. Viel schwerer wiegt die Tatsache, dass es in Deutschland immer noch zu wenig Erdgas-Tankstellen gibt. Viele von ihnen haben völlig unpraktische und undurchschaubare Öffnungszeiten und eine schlechte Lage.

Autogas liegt vorne

Ein Auto tankt Erdgas (Foto: AP)
Ein Auto tankt ErdgasBild: dpa

Gab es im Jahr 2004 erst 30.000 Autogasfahrzeuge auf deutschen Straßen, so stieg ihre Zahl in den letzten Jahren so stark an, dass man bis 2015 mit 1,5 Millionen Autogaswagen rechnet. Nur in Brasilien und Italien liegen die Quoten noch höher. Der Grund ist nachvollziehbar: Autogas ist in Deutschland bis zum Jahr 2018 von der Mineralölsteuer befreit und kostet damit nur die Hälfte des Benzinpreises. Das Tankstellennetz in Deutschland umfasst weit über 5000 Zapfstellen.

Aber: Nur wenige Autohersteller bieten Modelle mit einer Autogasanlage ab Werk. So muss in der Regel teuer umgerüstet werden, was sich nur für Vielfahrer lohnt. Viele Verbraucher schrecken zudem vor einer Umrüstung zurück, weil alle Hersteller darauf verweisen, dass mit einem derartigen Eingriff in den Motorbereich die Betriebserlaubnis erlischt. Tatsächlich muss die Umrüstung speziell vom Technischen Überwachungsverein (TÜV) abgenommen werden und sollte nur von speziell geschulten Fachwerkstätten vorgenommen werden.

Behinderungen und Verzögerungen

Die derzeit verfügbaren Alternativen für umweltgerechteres und günstigeres Fahren sind auch deshalb noch sehr bescheiden, weil sich Ingenieure viele Jahre sehr abwartend verhielten. Mehrere der führenden deutschen Autobauer kauften zwar schon in den 1970er-Jahren erste Patente für Elektrofahrzeuge, ließen sie aber in den Schubladen liegen, weil Fachleute die Entwicklungskosten zu hoch einschätzten gegenüber künftigen Gewinnchancen.

Auf Initiative der deutschen Politik gab es dann schließlich Mitte der 1980er-Jahre Bemühungen um das so genannte 2-Liter-Auto. In Serie ging ein Wagen, der mit vier Litern auskam. Der Preis jedoch ließ den Wagen für den Normalverbraucher unerschwinglich erscheinen. Das Ganze entpuppte sich als unverkäuflicher Flop und dient noch heute vielen PKW-Herstellern als Begründung dafür, dass es sich gar nicht lohne, spritsparende Autos auf dem Markt anzubieten.

Die Werbung für die Mehrheit der in Deutschland angebotenen PKW betont daher weiterhin klassisch hohe PS-Leistungen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Hinweise auf CO2-Emissionen dagegen sind in den Anzeigen so klein gedruckt, dass man sie nur mit der Lupe lesen kann.

Der immer wieder in diesem Zusammenhang aufkeimenden Verdacht, dass die Lobby der erdölerzeugenden Länder jeden Ansatz zu alternativen Motor-Lösungen hintertreibt, wollen oder können viele Experten, darunter auch Vertreter von Deutschlands größtem Automobilclub, dem ADAC, nicht bestätigen. Es wird immer wieder auf die hohen Kosten und den hohen Zeitbedarf von Entwicklung und Forschung verwiesen.

Autor: Wolfgang Dick

Redaktion: Kay-Alexander Scholz