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Warum Orchideen Fliegen an der Nase herumführen

20. Oktober 2010
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Germerblättrige Stendelwurz (Quelle: Informationsdienst Wissenschaft)
Bild: Informationsdienst Wissenschaft

Betrügerinnen gibt es auch unter den Pflanzen. Eine ganz gewiefte ist die Orchidee Germerblättrige Stendelwurz (Epipactis veratrifolia). Sie tarnt sich chemisch als Blattlaus, um Schwebfliegen zur Bestäubung anzulocken.

Forscher des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben herausgefunden, dass die in Vorderasien, der Türkei und Zypern beheimatete Blume Schwebfliegen an der Nase herumführt: Sie produziert dieselben Duftstoffe wie Blattläuse und verleitet die Fliegenweibchen so dazu, Eier auf ihrer Blüte abzulegen. Dazu muss man wissen, dass Schwebfliegen ihre Eier gerne neben Blattläusen ablegen, weil diese als perfekte Babynahrung für die schlüpfenden Larven dient. Die Schwebfliegen orten die Läuse, indem sie dem Geruch von speziellen Botenstoffen folgen, die die Tiere bei Gefahr untereinander aussenden.

Doch das böse Erwachen kommt, sobald die Schwebfliegen-Larven schlüpfen: Sie verhungern, weil sie auf der Orchideenblüte keine Blattläuse finden.

Evolutionsbiologisch betrachtet profitiert die Pflanze auf den ersten Blick nicht von ihrer Taktik: Denn durch das Sterben der Larven wird die Population der Schwebfliegen und damit die Zahl der potentiellen Bestäuber für die Orchidee kontinuierlich kleiner.

Die Wissenschaftler vermuten aber, dass diese Strategie ursprünglich dazu diente, die schädlichen Blattläuse abzuwehren. Denn der imitierte Duftstoff signalisiert Gefahr und schlägt die Blattläuse in die Flucht. Und ganz so rücksichtslos ist die Orchidee auch nicht: "Immerhin stellt die Pflanze den getäuschten Schwebfliegen ein wenig Nektar zur Verfügung", so Johannes Stökl aus dem Forscherteam. (gk/ht/idw/MPI)