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Plastikmüll im Fischmagen

12. Januar 2016

Nicht alle Speisefische sind gleichermaßen stark mit Plastikmüll aus dem Meer belastet. Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven führen das auf das unterschiedliche Jagdverhalten der Tiere zurück.

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Ein Kabeljau im Wasser (Foto: dpa)
Der Kabeljau jagt in der Tiefe, aber er frisst auch gerne Krebstiere und Muscheln, die Plastik über den Seetang aufnehmenBild: picture-alliance/dpa

18717112Plastikmüll im Meer zersetzt sich langsam in winzige Teilchen. Viele davon sind leichter als Wasser und schwimmen auf der Meeresoberfläche. Sonneneinstrahlung und Wellengang brechen die Partikel immer weiter auf. Am Ende landen die winzigen Partikel in Mägen von Tieren - von Kleinstlebewesen, Seevögeln, Meeressäugetieren oder Fischen.

Biologen des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung haben nun untersucht, wie viel Plastikpartikel sich in den Mägen von Speisefischen wiederfinden. Das überraschende Ergebnis: Es hängt stark von der Fischart ab: Einige sind stark, andere praktisch gar nicht belastet.

Makrele stark, Hering und Flunder kaum belastet

In einer Studie untersuchten die Biologen den Mageninhalt und Verdauungstrakt von 290 Makrelen, Flundern, Heringen, Dorschen und Klieschen, die in Nord- und Ostsee gefangen wurden.

Dabei stellten sie fest, dass die Makrele deutlich häufiger Plastik verschluckt als in Bodennähe lebende Fische wie Flunder oder Kliesche. Je nach Fangregion wurden die Forscher in den Mägen von 13 bis 30 Prozent der Makrelen fündig.

Heringe scheinen dagegen zu bestimmten Jahreszeiten gar keine Plastikreste aufzunehmen. "Die Ursache dafür liegt vermutlich im Fressverhalten der Fische", sagt der AWI-Biologe und Studienleiter Gunnar Gerdts. Offensichtlich verwechselt die Makrele Plastikreste an der Wasseroberfläche mit Beute.

Makrelen fressen gerne frisch geschlüpfte Seenadeln, die ebenfalls an der Wasseroberfläche treiben. Das erklärt auch, warum in den Mägen der Fische vor allem Fasern waren, die ähneln von der Form den Seenadeln.

Fische, die eher in der Tiefe jagen, fressen hingegen Plastikteile bei der Futtersuche zufällig mit.

Heringsfischer in der Ostsee (Foto: dpa)
Heringe halten sich meist mitten im Wasser auf. Sie kommen nur wenig mit Plastikmüll in Kontakt.Bild: picture-alliance/dpa

Keine Hinweise auf Gefährdung von Feinschmeckern

Die Forscher haben keine Hinweise darauf gefunden, dass die Fische durch die Aufnahme der Plastikteilchen krank wurden. Auch lieferte die Studie keine Hinweise auf eine mögliche Gefährdung des Menschen, wenn er Makrelen oder andere belastete Fische isst.

"Viele Partikel finden sich in den Verdauungsorganen", erklärt AWI-Experte Lars Gutow. Weil aber die Fische vor dem Verzehr ausgenommen werden, landen die Partikel dann nicht auf dem Teller. Unklar bleibt indes, ob Abbauprodukte der Kunststoffe in den Blutkreislauf der Fische und damit ins Essen der Menschen gelangen.

Schnecke scheidet Plastikpartikel wieder aus.

In einer anderen Studie hat der Biologe Gutow herausgefunden, dass pflanzenfressende Wirbellose Mikroplastik über das Futter aufnehmen. Hier hatte Gutow mit der Gemeinen Strandschnecke Littorina littorea im Labor experimentiert.

Die Plastikteilchen haften gut an den klebrigen Blättern des Tangs - einer Leibspeise der Schnecken. Um den Weg der Mikroplastik-Partikel nachzuverfolgen nutze der Forscher fluoreszierende Plastikteilchen, die die Schnecke dann auch tatsächlich fraß. Allerdings blieb das Plastik nicht lange in den Schnecken: Nach der Verdauung der biologischen Anteile des Futters, schieden sie alles wieder aus.

Deutschland Angela Merkel isst Matjes bei einer Schiffstaufe (Foto: Jens Büttner/dpa)
Bundeskanzlerin Merkel braucht keine Angst zu haben, sich mit Matjes-Hering zu vergiftenBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Umweltministerin fordert konkrete Schritte für Plastiktüten-Gebühr

Unterdessen hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) den Handel ermahnt, seine angekündigte Selbstverpflichtung zur kostenpflichtigen Plastiktüte nicht endlos zu verschleppen. "Wenn die Branche sich nicht auf eine Selbstverpflichtung einigen kann, dann ist eine Regelung per Ordnungsrecht unausweichlich", sagte Hendricks gegenüber der dpa.

Das Ziel der EU-Kommission ist es, innerhalb der nächsten zehn Jahre den pro-Kopf Verbrauch auf 40 Tüten im Jahr zu senken. In Deutschland liegt er derzeit bei durchschnittlich 71 Tüten. Um den Konsum einzudämmen, hatte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) einen Entwurf für eine Selbstverpflichtung des Handels vorgelegt.

fs/hf (dpa/awi)