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Politik

Warum Donald Trump keine Zeit für Europa hat

Elizabeth Schumacher an
6. Januar 2018

Das neue Enthüllungsbuch über Donald Trump stürmt die Verkaufscharts. Es zeichnet das Bild eines Präsidenten, den das Chaos in seinem Regierungsapparat daran hindert, sich um Verbündete in Europa zu kümmern.

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USA Washington - Donald Trump and Angela Merkel
Bild: Getty Images/AFP/S. Loeb

Es ist erst seit Freitag auf dem Markt, aber das Enthüllungsbuch "Fire and Fury" über Donald Trump und dessen Team ist bereits ein Bestseller. Der Journalist Michael Wolff zeichnet darin das Bild eines chaotischen Weißen Hauses unter Trump. 336 Seiten voller pikanter Geschichten: Es geht um Treuebruch und Verrat, brutalen politischen Nahkampf und wüste Beschimpfungen.

Aber was für die zahlreichen Verbündeten der USA wohl noch interessanter ist, sind die Dinge, die nicht vorkommen - mit Ausnahme Russlands und China erwähnt Autor Wolff andere Staaten und deren politische Führer praktisch nicht.

Dass das Verhältnis des Präsidenten zu seinen engsten Verbündeten der NATO in seinem Buch keine Rolle spielt, mag verwirren. Doch Wolff bietet dafür eine plausible Erklärung: "Fire and Fury" zeigt einen Präsidenten, der in Arbeit ertrinkt, zu sehr mit den Problemen in der eigenen Regierung beschäftigt ist und auch dadurch nicht in der Lage ist, die Beziehungen zu wichtigen Verbündeten zu pflegen.

Russland-Untersuchung überschattet Auslandsreisen

Großbritannien, das als ältester und wichtigster Freund der USA gilt, wird nur einmal am Rande erwähnt. Ebenso die Regierungschefin in Downing Street Nummer 10, Theresa May. Ihr Name fällt nur in einem Absatz, in dem es um die Sitzordnung geht. Auch die Europäische Union wird nur marginal genannt. Während die Nazizeit mehrere Male in "Fire and Fury" erwähnt wird, taucht das moderne Deutschland unter Kanzlerin Angela Merkel genauso wenig auf wie Frankreich unter Präsident Emmanuel Macron. Auch andere europäische Verbündete spielen keine Rolle.

Ausgaben von "Fire and Fury: Inside the Trump White House" in einer Buchhandlung in Washington
Enthüllungsbuch "Fire and Fury": 336 Seiten voller pikanter GeschichtenBild: Reuters/C. Barria

Europa wird dafür als Ort einer missglückten Trump-Initiative thematisiert. Von seiner 24-Stunden-Visite bei der NATO in Brüssel im Mai, berichtet der Autor, habe sich der US-Präsident viel erhofft. Sie sollte die Verbindung knüpfen zwischen der alten Allianz-basierten Außenpolitik, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt haben, und Trumps neuem America-First-Ansatz. Stattdessen dominierte im Mai aber ein anderes Thema die Medien: Die Arbeit von US-Sonderermittler Robert Mueller, der mögliche geheime Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und russischen Agenten nachspüren soll.

Krisen-PR beim G20-Gipfel in Hamburg

Eine zweite Chance, festere Bande zu den westlichen Verbündeten zu knüpfen war der G20-Gipfel in Hamburg. Doch laut Wolff verbrachten Trump und sein Team die meiste Zeit damit, ihre Statements zu immer neuen Enthüllungen zu koordinieren. Damals war bekannt geworden, dass sich Donald Trump Jr. während des Wahlkampfs mit russischen Anwälten im Trump Tower getroffen hatte. Außerdem berichteten Medien über finanzielle Verbindungen von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner zu russischen Unternehmen.

"Als sich der Präsident und sein Team im Flugzeug drängten, war das Hauptthema nicht die Konferenz, sondern wie man auf die Times-Geschichte über Don Jr. und Jareds Treffen im Trump-Tower reagiert", schreibt Wolff.

Michael Wolff
Autor Wolff: Treubruch und Verrat im Weißen HausBild: picture alliance/AP Photo/C. Kaster

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern wettert Trump öffentlich gegen Berichte, die ihn in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Und so hat das Weiße Haus Wolffs Buch als "Müll" und "Werk voller Lügen" abgekanzelt sowie einen Brief an den Verleger Henry Holt & Co. geschickt, um die Veröffentlichung zu stoppen.

Doch die Reaktion des Verlags dürfte dem Präsidenten gar nicht gefallen: Der Holt & Co zog die Veröffentlichung des Buches um mehrere Tage vor. Wolff seinerseits hat Aufzeichnungen seiner Interviews mit Präsident Trump und mehreren Mitarbeitern präsentiert, darunter der ehemalige Präsidentenberater Steve Bannon. Sie sollen beweisen, dass die in dem Buch beschriebenen Geschichten wahr sind.

Wirtschaftlich zahlt sich der Protest des Präsidenten gegen das Enthüllungsbuch für Verlag und Autor aus. Am Freitag dankte Wolff scherzhaft dem Präsidenten für die kostenlose Werbung.