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Wahlen und Waldbrände

Stamatis Assimenios16. September 2007

Unter dem Eindruck der verheerenden Waldbrände, die 67 Menschen das Leben kosteten und Tausende obdachlos machten, sind die Griechen am Sonntag zu vorzeitigen Parlamentswahlen aufgerufen.

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Feuerwehrmänner versuchen ein Feuer zu löschen, Quelle: AP
Die Waldbrände haben den Wahlkampf angeheiztBild: AP

Nur fünf der rund 20 Parteien und Gruppierungen haben bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag (16.09.2007) eine reale Chance, die Drei-Prozent-Hürde zu überwinden und ins Parlament zu einziehen: Die regierende konservative Partei, die Nea Dimokratia von Ministerpräsident Kostas Karamanlis, die oppositionelle Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) mit dem Spitzenkandidaten Georgios Papandreou, die Kommunistische Partei (KKE), die Linke Allianz (Synaspismos) und die rechtspopulistische Völkische Orthodoxe Sammlung (LA.O.S.).

Immerhin zwei Prozent betrug der Vorsprung der regierenden Nea Demokratia von Ministerpräsident Kostas Karamanlis gegenüber den oppositionellen Sozialisten (PASOK). Das nährte die Hoffnung der Konservativen, die vorgezogenen Neuwahlen zu gewinnen.

Politikum Feuerinferno

Kostas Karamanlis schüttelt Feuerwehrleuten die Hände, Quelle: dpa
Ministerpräsident Kostas Karamanlis (2. v. r.) dankt Feuerwehrleuten für ihren EinsatzBild: picture-alliance/ dpa

Doch es kam anders. Denn durch die verheerenden Waldbrände Ende August sind die Griechen verunsichert. Das Inferno und das Krisenmanagement sind zum Politikum und zum Hauptthema des Wahlkampfes geworden. Der siegessichere konservative Premier Kostas Karamanlis muss jetzt fürchten, dass der Urnengang zu einer Protestwahl gegen ihn und seine Partei werden könnte.

Diese Wahl birgt viele Besonderheiten, meint der Politanalyst Georgios Sefertzis: "Zunächst erlaubt die kurze Wahlkampfdauer von 30 Tagen keine ausführliche programmatische Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Aber das entscheidende Element ist die spektakuläre Änderung der politischen Agenda durch die katastrophalen Waldbrände." Die hätten die Bereitschaft der Bürger verringert, sich an ihnen zu beteiligen.

Vorzeige-Ergebnisse der konservativen Regierung

Karamanlis mit der griechischen Außenministerin Dora Bakoyannis, Quelle: AP
Karamanlis mit der griechischen Außenministerin Dora Bakoyannis beim NATO-Gipfel in Riga im November 2006Bild: AP

Auf den ersten Blick hat Karamanlis einiges erreicht. Er hat es geschafft, die defizitären Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen. Das Haushaltsdefizit hat 2006 erstmals seit langer Zeit die im EU-Stabilitätspakt geforderte Drei-Prozent-Marke nicht überschritten. Das Wachstum in Griechenland liegt derzeit bei mehr als vier Prozent, und die Arbeitslosenquote ist von elf Prozent im Jahr 2004 auf 7,9 Prozent gefallen.

Dagegen hat es die konservative Regierung nicht geschafft, den Staatsapparat effizienter zu gestalten, wie man bei den Waldbränden feststellte: Bei der Feuerwehr fehlte qualifiziertes Personal - und das hatte tödliche Folgen. Die Griechen sind enttäuscht und verunsichert. Und die Konservativen bekommen ihren Zorn zu spüren.

Kampf um die Unentschlossenen

Demonstranten mit Wahlplakaten vor dem Parlament, Quelle: AP
Demonstration gegen die Waldbrände vor dem Parlament in Athen am 29. AugustBild: AP

Die Nea Dimokratia muss um ihre Mehrheit bangen. Etwa zwölf Prozent der Wähler sind nach Umfragen unentschlossen und dies macht das Rennen wieder offen. Durch die Änderung des Wahlsystems ist es schwieriger, die absolute Mehrheit im Parlament zu erringen. Karamanlis reagiert auf die schlechte Stimmung mit Wahlgeschenken: Er hat die Erbschaftssteuer abgeschafft und weitere Steuersenkungen in Aussicht gestellt. Wahlversprechen in Höhe von gut zwölf Milliarden Euro, die aus den klammen griechischen Kassen bezahlt werden sollen - und deren Wirkung auf die Bürger nach der Feuer-Katastrophe durchaus zweifelhaft ist.

Aber auch die PASOK überzeugt die kritischen Wähler nicht, meinen Beobachter. Georgios Papandreou ist es bis jetzt nicht gelungen, den Wählern eine glaubwürdige Alternative zu bieten. Er beschränkt sich auf Kritik und spricht von der "Unfähigkeit der Nea Dimokratia, das Land zu regieren".

Korruption zieht Kreise

Auch bei der Bekämpfung der Korruption sind die Wähler enttäuscht worden. Im Frühjahr flog auf, dass etwa 280 Millionen Euro aus Rentenkassen in Anleihen angelegt wurden, die dann über Zwischenhändler und Banken zu völlig überteuerten Kursen an die Rentenkassen zurückgingen.

Kritiker vermuten, dass auch Regierungsbeamte in den Skandal verwickelt sind und abkassiert haben. Ein vorläufiger Untersuchungsbericht über diese Vorgänge, die Staatsdiener belastet, lieferte der Opposition einiges an Wahlkampfmunition. Aber auch die PASOK hatte es in 18 Jahren Regierungszeit nicht geschafft, das Korruptions-Unwesen einzuschränken.

Entscheidend ist die Wahlbeteiligung

Wer wird also die Stimmen der Protestwähler und der Unentschlossenen gewinnen? "Der Wahlausgang hängt von der Wahlbeteiligung ab, denn es wird vermutet, dass viele Wähler nicht zur Urne gehen werden", sagt Georgios Sefertzis. "Anscheinend fließen die Proteststimmen in Richtung kleinerer Parteien. Es wird schwierig für die großen Parteien, zusammen 80 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinigen."

Im Falle einer Pattsituation hat Karamanlis allerdings bereits mögliche Koalitionen ausgeschlossen und erklärt, dann werde er eben nochmals Neuwahlen verkünden. Die griechische Presse bezeichnet den Urnengang als den undurchsichtigsten aller Zeiten und das nicht zuletzt, weil die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen in den letzten zwei Wochen vor dem Wahlgang verboten ist.