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Wahlversprechen 2009

4. September 2009

Im Himmel ist Party, aber wir leben leider auf der Erde. Das könnte das Motto sein, wenn Wähler sich die Milliarden schweren Wahlgeschenke der Parteien zur Bundestagswahl anschauen.

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Junge Frau versucht Geldscheine aufzufangen, die vom Himmel fallen (Foto: dpa)
Geldgeschenke in Zeiten der KriseBild: picture-alliance / Creasource

Eigentlich müsste der Staat die Steuern erhöhen, um die Schulden abzubauen, die sich während der Wirtschaftskrise angehäuft haben. Finanzminister Peer Steinbrück rechnet zudem für die beiden kommenden Jahre mit einer Neuverschuldung des Bundes von insgesamt 160 Milliarden Euro. Die Kassen der Länder, Gemeinden und Kommunen werden ebenfalls neue Schulden machen.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vor der Bundespressekonferenz in Berlin (Foto: dpa)
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warnt vor teueren Wahlversprechen und SteuergeschenkenBild: dpa

Parteien verlieren Glaubwürdigkeit

Sollte im Herbst die Arbeitslosigkeit wegen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise stärker als ohnehin befürchtet steigen, wird auch die Kasse der Arbeitsagentur stärker belastet. Da eine Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von allen Parteien abgelehnt wird, muss die Staatskasse einspringen und noch mehr Schulden machen.

Angesichts dieser Prognosen glauben zwei Drittel der Menschen den Wahlversprechen der Parteien nicht. Nach einer Untersuchung der Hamburger BAT-Stiftung sind diese Menschen davon überzeugt, "belogen zu werden". Dennoch überbieten sich die Parteien mit Versprechungen, die weder auf die maroden Staatskassen noch auf die Gemütslage ihrer Wählerinnen und Wähler Rücksicht nehmen. Wer nach den Ursachen einer rückläufigen Wahlbeteiligung sucht, findet an dieser Stelle eine Antwort.

Links und teuer!

Parteifahne der Partei 'Die Linke' (Foto: AP)
Die Linke: Zwei Millionen ArbeitsplätzeBild: AP

Je weiter die Parteien von der Macht in Berlin entfernt sind, desto kostspieliger werden ihre Versprechungen. Den Vogel schießt die Linkspartei ab. Sie verspricht die Schaffung von zwei Millionen Arbeitsplätzen, was mit etwa 180 Milliarden Euro für öffentliche Arbeitsbeschaffungsprogramme in der Staatskasse Niederschlag finden würde.

Finanziert werden sollen diese Ausgaben mit Steuererhöhungen bei Besserverdienenden und durch eine "Verstaatlichung von Banken".

Grüner New Deal

Logo von Bündnis90 / Die Grünen
Bündnis90/Grüne: Arbeitsplätze durch New Deal

In Anlehnung an den "New Deal", mit dem der damalige Präsident Franklin D. Roosevelt die US-amerikanische Wirtschaft nach der Wirtschaftskrise von 1929 wieder in Schwung brachte, wollen die Grünen mit einem Maßnahmenbündel die aktuelle Krise bewältigen: Eine Million Arbeitplätze sollen in Umwelttechnik und Klimaschutz entstehen, ein flächendeckender Mindestlohn von 7,50 Euro soll eingeführt und das Arbeitslosengeld, das so genannte Hartz IV, auf 420 Euro angehoben werden.

Die geschätzten Kosten liegen bei 80 Milliarden Euro - die der Neuverschuldung anheimfallen.

Schwarz-gelbe Wahlgeschenke

FDP-Fahnen stehen beim 'Politischen Aschermittwoch' der FDP in Passau auf den Tischen der Partiefreunde (Foto: dpa)
FDP: Entlastung des MittelstandsBild: picture-alliance/ dpa

Union und FDP wollen nach der Bundestagswahl eine Koalition bilden und haben sich schon einmal eine gemeinsame Zielgruppe ausgesucht, die sie mit Steuergeschenken erfreuen möchten: Der Mittelstand und die kleineren Unternehmen, für die Steuern gesenkt und Bürokratie abgebaut werden sollen. Beide haben sich auf die Fahnen geschrieben, die so genannte kalte Progression abzubauen. Dieser progressive Einkommenssteuertarif sorgt dafür, dass bei jedem mehrverdienten Euro eine höhere Steuer fällig wird.

Bei der FDP wird damit gerechnet, dass die Einlösung dieses Versprechens 35 Milliarden Euro kosten wird, bei der CDU geht man von 25 Milliarden Euro aus. Hinter den Kulissen aber werden Stimmen laut, die sagen, dass angesichts der Haushaltslage für Steuersenkungen überhaupt kein Spielraum vorhanden ist.

"Sparsame" SPD

Zuschauer halten bei einer Kundgebung der Thüringer SPD in Jena Transparente in die Höhe (Foto: dpa)
SPD: Senkung des EingangssteuersatzesBild: picture-alliance/ dpa

Da die SPD den aktuellen Finanzminister stellt, der entscheidenden Anteil am Wahlprogramm der Partei hat, kosten die Versprechen der Sozialdemokraten am wenigsten. Um die Finanzämter zu entlasten, wollen sie jedem Lohnsteuerpflichtigen, der auf einen Lohnsteuerjahresausgleich verzichtet, 300 Euro geben. Gleichzeitig soll der Eingangsteuersatz von 14 auf 10 Prozent gesenkt werden.

Da man nicht weiß, wie viele Menschen auf einen Steuerausgleich verzichten, schwanken die Kostenschätzungen um die Marke von fünf Milliarden Euro.

Steuern werden nicht erhöht!

Einig sind sich die bisherigen Koalitionäre aus CDU und SPD in Berlin, dass die Steuern auf keinen Fall erhöht werden sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine Mehrwertsteuererhöhung für den Fall eines Wahlsiegs ausgeschlossen: "Wir werden die Mehrwertsteuer in den nächsten vier Jahren nicht erhöhen, weder den vollen noch den reduzierten Satz". Auch eine PKW-Maut soll es nicht geben. Zudem verspricht die Kanzlerin den von ihr ungeliebten Mindestlohn nicht rückgängig zu machen, selbst wenn der Wunschkoalitionspartner FDP darauf drängen sollte.

Außenminister Frank Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Deutschen Bundestag während einer Debatte (Foto: AP)
Bald getrennte Wege oder Fortsetzung der Großen Koalition?Bild: AP

Auch die SPD will die Steuern nicht erhöhen, verspricht dagegen vier Millionen neue Jobs in der kommenden Legislaturperiode, die mit einer ökologischen Industriepolitik und mit umweltschonender Energieproduktion geschaffen werden sollen. Ziel ist Vollbeschäftigung mit fairen Löhnen.

Die FDP lässt sich ebenfalls nicht lumpen, wenn es um die sozialen Belange von Menschen geht: Auch wenn sie nicht gerade zum FDP-Klientel gehören, befindet der Parteivorsitzende Guido Westerwelle, dass das Schonvermögen für Empfänger von staatlichen Transferleistungen zu niedrig sei. Er möchte das Vermögen, das nicht auf die Sozialleistungen angerechnet werden muss, verdreifachen.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Kay-Alexander Scholz