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"Es steht einiges auf dem Spiel"

4. September 2016

Zwei Jahre nach der Demokratiebewegung wählen die Hongkonger ein neues Parlament. Zumindest teilweise - denn viele Abgeordnete werden indirekt von China bestimmt. Was ist also geblieben von der "Regenschirm-Revolution"?

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Wahlplakate in Hongkong (Foto: picture-alliance/dpa/EPA)
Bild: picture-alliance/dpa/EPA/A. Hofford

Als 2014 monatelang Menschen für freie Wahlen in Hongkong auf die Straße gingen, setzte das die kommunistische Führung in der chinesischen Sonderverwaltungszone massiv unter Druck. Weltweit sorgten die "Regenschirm-Proteste" - die Bezeichnung kommt von den gelben Regenschirmen, mit denen sich die Demonstranten vor Sonne, Regen und Pfefferspray schützten - für Schlagzeilen.

Demokratie auf Sparflamme

Zwei Jahre später dürfen die Hongkonger immer noch nicht gänzlich frei über die Zusammensetzung ihres Parlaments bestimmen. Wie bisher werden im Hongkonger Legislativrat 70 Sitze vergeben, von denen nur 40 nach dem allgemeinen, freien Wahlrecht gewählt werden können. Die übrigen 30 Sitze bestimmen Interessengruppen, die in der Mehrzahl dem Pro-Peking-Lager angehören.

Regenschirm-Proteste in Hongkong (Foto: Reuters)
Die gelben Regenschirme der Hongkonger Demonstranten wurden 2014 zum Symbol der Demokratiebewegung...Bild: Reuters/T. Siu

Beobachter blicken dem Wahlausgang in Hongkong dennoch mit Spannung entgegen. Mareike Ohlberg vom China Institut Merics in Berlin erklärt: "Trotz dieser Ungleichgewichtung von Stimmen steht einiges auf dem Spiel." Zurzeit habe die parteiübergreifende Allianz der Demokraten mit 27 Sitzen genug Stimmen im Legislativrat, um bestimmte Gesetze und Entscheidungen zu blockieren. Käme aber das Pro-Peking-Lager auf eine Zweidrittel-Mehrheit, könnte es sogar Hongkongs Grundgesetz ändern.

"Unterschiedliche Zukunftsvisionen"

Joshua Wong (Foto: Getty Images/AFP)
... und Joshua Wong zu ihrem GesichtBild: Getty Images/AFP/A. Wallace

"In Hongkong prallen gerade unterschiedliche Visionen für die Zukunft der Sonderverwaltungszone aufeinander, die sich nur schwer miteinander vereinbaren lassen", schlussfolgert die China-Expertin.

Die damalige Kronkolonie war 1997 an China übergeben worden. Damals hatten London und Peking sich auf die Formel "ein Land, zwei Systeme" geeinigt. Die Millionenstadt sollte nach dem Abzug der britischen Verwaltung für 50 Jahre eine weitreichende innere Autonomie behalten. Doch die Hongkonger Opposition wirft Peking vor, sich zunehmend in die Angelegenheiten der Stadt einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen.

Junge wünschen sich Unabhängikeit

Vor allem in der jüngeren Generation wächst daher der Unmut gegenüber der Schutzmacht China. Nach aktuellen Umfragen der Chinese University of Hong Kong wünschen sich etwa 40 Prozent der 15- bis 24-jährigen Hongkonger Unabhängigkeit vom chinesischen Festland. In der gesamten Bevölkerung sind es 17 Prozent. Im Gegensatz dazu plädieren vor allem Hongkonger Geschäftsleute für ein gutes Verhältnis zu Peking.

An der Parlamentswahl wird auch die neu gegründete Partei "Demosisto" von Joshua Wong teilnehmen. Der junge Aktivist war vor zwei Jahren zum Gesicht der Demokratie-Bewegung geworden. Im August hatte ein Hongkonger Gericht den 19-Jährigen sowie zwei Mitstreiter wegen ihrer Beteiligung an den prodemokratischen Demonstrationen zu 80 Sozialstunden verurteilt.

Unabhängigeitsanhänger vor der Wahl in Hongkong (Foto: Getty Images/AFP)
Einige Hongkonger geben sich mit den nur teilweise freien Wahlen nicht zufrieden - sie fordern die Unabhängigkeit von ChinaBild: Getty Images/AFP/A. Wallace

Auch wenn die Urteile weit von der möglichen Höchststrafe einer fünfjährigen Haft entfernt lagen, kritisierten Menschenrechtler sie scharf. Es sei ein bedenkliches Zeichen dafür, dass sich Hongkongs Behörden Peking immer stärker annäherten.

nin/qu (dpa, afp, rtr)