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Enttäuschte Freundschaft

Peter Philipp, zzt. Teheran14. März 2008

Auf Einmischung von außen reagieren die Iraner allergisch. Deutschland riskiert deshalb mit seiner harten Haltung im Atomstreit seine guten Handelsbeziehungen zu Iran, hat Peter Philipp in Teheran beobachtet.

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Iraner vor Wahlwerbung in Teheran (Quelle: dpa)
Irans Konservative wettern gegen jegliche Einflussnahme von außenBild: picture-alliance/ dpa

Die 8. Parlamentswahlen im Iran haben nichts mit den USA zu tun, versichert Parlamentspräsident Gholam-Ali Addad-Adel nur Stunden vor dem Urnengang. Washington versuche, das Volk zu spalten und das Parlament von sich abhängig zu machen, dies werde aber nicht gelingen. Andere konservative Politiker haben eine Kampagne entfacht gegen den Reform-Abgeordneten Noureddine Pir Mouazaem, weil dieser der "Stimme Amerikas" ein Interview zu den Wahlen gegeben hatte. Aber nicht nur die vermeintlichen Versuche des "Großen Satan", Kontakte mit liberalen Kräften im Iran zu knüpfen geraten in die Kritik, auch Deutschland bekommt "sein Fett ab".

So wurde der deutsche Botschafter in Teheran, Herbert Honsowitz, in der Presse und in öffentlichen Erklärungen massiv dafür angegriffen, dass er sich mit dem Führer der Reformbewegung, Mohamed-Reza Khatami, getroffen und sich angeblich dessen Klagen über die schlechte außenpolitische 'performance' angehört habe. Der Diplomat, ein alter Iran- und Nahostkenner, macht nicht viel Aufhebens von der Kritik, immerhin habe er doch auch konservative Politiker gesprochen.

Aber sofort wurde nachgelegt: Honsowitz habe sich auch mit Ex-Präsident Khatami getroffen. Und zwar am Vorabend der Verabschiedung der letzten UN-Sanktionen gegen den Iran - doch sicher ein Beweis dafür, dass das inzwischen fast schon zum feindlichen Lager gezählte Deutschland und die Reformer gemeinsam an einer anti-iranischen Politik strickten.

Mehr als Wahlkampf-Rhetorik

Natürlich fanden diese Vorfälle im Vorfeld der Wahlen statt und die Kritik gehörte deswegen wohl auch etwas zur Wahlkampf-Rhetorik. Sie kann aber trotzdem nicht einfach beiseite geschoben und ignoriert werden, denn sie trifft die Iraner an einem wunden Punkt: Wenn es etwas gibt, worauf Iraner jeder Couleur empfindlich und ablehnend reagieren, dann ist das fremde Einmischung in ihre Angelegenheiten oder der Verdacht solcher Einmischung.

Ein Gefühl, das aus der Geschichte herrührt, als der Iran immer wieder Spielball oder doch wenigstens Einflusssphäre fremder Mächte war. Auch 29 Jahre nach der "Islamischen Revolution" - die das Land doch unabhängig gemacht hat von solchen Dingen - spukt das Gespenst der äußeren Einflussnahme weiter durch die Köpfe der Iraner. Das geht so weit, dass man sich auch fremde Kritik an Missständen im Land verbittet - mit dem Hinweis: Dies oder das mag ja nicht gut sein, aber wir haben es selbst gemacht.

Wahlkampf in Teheran (Quelle: Peter Philipp)
Straßenszene mit Wahlplakaten in Teheran (Foto: Peter Philipp)Bild: DW

Sie brauchen nicht lange nach Beweisen zu suchen: Die Forderung Washingtons nach Regimewechsel ist ein Beispiel, das Vorgehen der USA im Atomstreit ein zweites. Hier aber kommt nun die Enttäuschung und teilweise auch bereits Verärgerung über das Verhalten der Europäer und da ganz speziell der Deutschen hinzu: Zu Deutschland empfinden viele Iraner eine traditionelle Freundschaft, Deutschland ist für viele von ihnen bisher in vielerlei Hinsicht ein Vorbild gewesen. Solche Bewunderung vermengt sich indes in letzter Zeit immer deutlicher mit Überraschung, Verständnislosigkeit und auch Verärgerung über die Haltung Berlins im Nuklearstreit und in der Frage von Sanktionen.

Der "Verrat" der Deutschen

Von den USA sei man das ja gewöhnt, aber von Deutschland? Ein Geschäftsmann, der gerade von einem Deutschlandbesuch zurückkehrt, meint verbittert: Die Deutschen sollten sich nicht wundern, dass der Iran eines Tages seine Beziehungen zu den USA reparieren, den "Verrat“ der Deutschen aber so bald nicht vergessen werde. Enttäuschte Freundschaft schmerzt mehr als "aufrechte und offene Feindschaft“.

Nicht nur die Deutschen, sondern die Europäer insgesamt müssen sich wohl auf schlechte Zeiten gegenüber dem Iran einstellen: Politisch haben sie enttäuscht und sie werden dafür immer mehr mit Missachtung gestraft werden. Schon heute gilt der russische Botschafter als wichtigster ausländischer Diplomat in Teheran. Und wenn die Politik nicht läuft, dann wird auch das Geschäft nachlassen. Schon heute sind China, Japan und Südkorea zusammen wichtigere Handelspartner des Iran als die gesamte EU.

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