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Ist das Maß voll?

Christina Bergmann16. Dezember 2012

Wie nach jedem Amoklauf ist in den USA auch nach dem Massaker in Newtown die Debatte um die Waffengesetze entbrannt. Anders als bisher sehen die Befürworter strikterer Gesetze diesmal eine Chance.

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Waffengeschäft in den USA (Foto:dpa)
Waffengeschäft in den USABild: picture-alliance/dpa

"Das könnte ein Wendepunkt sein"- darin waren sich die meisten der Gäste der Fernseh-Talkshows einig, die an diesem Sonntag nur ein Thema kannten: Das Massaker in der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut, bei dem 20 kleine Kinder und sechs Erwachsene starben. Der Täter hatte zuvor auch seine Mutter in ihrem Haus erschossen. "Wenn das brutale Töten von sechs- und siebenjährigen Kindern in einer Schule nicht zu einer Verschärfung der Waffengesetze in den USA führt, was dann?" lautete die immer wieder gestellte Frage.

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, der weder der demokratischen noch der republikanischen Partei angehört, und sich in der Vergangenheit stets für eine Verschärfung des Waffenrechts eingesetzt hat, forderte im Fernsehsender NBC den Präsidenten auf, die Initiative zu ergreifen: "Der Präsident muss der Nation sagen, was wir tun sollen und nicht den Ball zum Kongress zurückspielen. Das muss Nummer Eins auf seiner Agenda sein", so Bloomberg, der durch schärfere Gesetze und eine verstärkte Strafverfolgung die Mordrate in New York drastisch gesenkt hat. Bloomberg verwies auf die Konsequenzen: Wenn nichts geschehe, so erklärte er, würden 48.000 Menschen in der zweiten Amtszeit Obamas durch Waffen getötet werden.

Michael Bloomberg (Foto: Reuters)
Michael Bloomberg setzt auf striktere GesetzeBild: Reuters

Angst vor der Waffenlobby unbegründet?

Bloomberg zählte auf, was getan werden könne: Obama müsse dafür sorgen, dass bestehende Gesetze strikter eingehalten werden, etwa jene Personen verstärkt strafrechtlich verfolgen, die beim Antrag auf einen Waffenschein nicht die Wahrheit sagen. Der Präsident müsse Gesetze einbringen, die Sturmgewehre und andere pseudo-militärische Waffen verbieten. Hinzu komme etwa das Verbot von Magazinen, die mehr als zehn Patronen enthalten, und die Pflicht auf einen so genannten "Background-Check" auch bei Waffenverkäufen auf Waffen-Shows. Das verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf Waffenbesitz müsse bestehen bleiben, aber gleichzeitig reguliert werden. Bloomberg erklärte auch, die Angst der Politiker vor der Macht der Waffenlobby, der National Rifle Association (NRA), sei ein Mythos: "Die Macht der NRS wird weit überschätzt", erklärte er und fuhr fort: "Allen Umfragen zufolge will die Öffentlichkeit dieses Gemetzel stoppen, und wenn 20 Kinder nicht ausreichen, dann weiß ich nicht, was noch kommen muss."

Newtown: Obama ruft zum Handeln auf

Ebenfalls auf NBC erklärte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein aus Kalifornien, sie werde gleich zu Beginn des neuen Kongresses ein Waffengesetz einbringen, das den Verkauf von Sturmgewehren verbietet, und für dessen Durchsetzung sich Präsident Obama dann einsetzen könne: "Es wird den Verkauf, den Transfer, den Import und Besitz von solchen Waffen verbieten - nicht rückwirkend, aber für die Zukunft." Das gleiche gelte für Magazine mit mehr als zehn Patronen. An dem Gesetz werde seit einem Jahr gearbeitet und die Details ausgearbeitet: Über 900 Waffen beispielsweise würden ausgenommen. "Das Ziel ist, Kriegswaffen von den Straßen unserer Städte zu verbannen", so die Senatorin.

Polizisten und Absperrungen (Foto: Getty Images)
Ein schwerer Einsatz für Polizei und HilfskräfteBild: Getty Images

Ein Schock wie 9/11?

Es scheint, als würden Gesetze dieser Art nach dem Massaker auf größere Unterstützung stoßen. Auch der unabhängige Senator Joe Lieberman sprach sich auf dem konservativen Sender Fox News für ein Verbot der Sturmgewehre aus und forderte eine Untersuchungskommission, die sich damit beschäftigt, wie Katastrophen wie in Newtown verhindert werden können. Der demokratische Senator Dick Durban verglich die Wirkung, die Newtown haben könne, mit der der Terroranschläge vom 11. September 2001: Damals sei die Nation ebenfalls zusammengerückt und es sei möglich gewesen, Gesetzesänderungen durchzubringen.

Waffenlobby schweigt zu Newtown

Auch wenn man sich einig war, dass strengere Waffengesetze allein nicht jedes Massaker verhindern können, so lag doch eindeutig der Schwerpunkt auf diesem Aspekt. Dabei fehlten in der Diskussion auffällig die Verteidiger des Waffenrechts. Der Journalist David Gregory, Gastgeber von "Meet the Press" auf NBC erklärte, man habe alle 31 pro-Waffenrecht-eingestellten Senatoren des neuen Kongresses in die Sendung eingeladen - keiner von ihnen habe zugesagt. Und Bob Schieffer von CBS "Face the Nation" erklärte, die NRA habe eine Einladung zur Sendung abgelehnt.

So waren an diesem Sonntag nur wenige konservative Stimmen im Fernsehen zu hören. Eine davon war die Louie Gohmert, Abgeordneter aus Texas, der zu jenen gehört, die in der Debatte eine verstärkte Präsenz von Waffen fordern. Er erklärte auf Fox News: "Ich wünschte bei Gott, die Rektorin, die heldenhaft auf den Täter zugestürzt ist, um die Kinder zu schützen [und ebenfalls erschossen wurde], hätte ein M-4 [Sturmgewehr] in ihrem Büro verschlossen gehabt." Denn dann, so erklärte er weiter, hätte sie es  herausnehmen können, nachdem sie die Schüsse hörte, "so dass sie nicht wehrlos gewesen wäre, sondern den Täter hätte ausschalten können, ihn töten können, bevor er das kostbare Leben der Kinder vernichtet."