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Wachstum soll es richten

Rolf Wenkel, zurzeit in Evian3. Juni 2003

Zum Abschluss ihres Gipfels haben die G-8-Staaten Einigkeit demonstriert. Selbst beim Streitthema Irak fanden sie in Evian eine gemeinsame Linie. Und in der Wirtschaft setzen sie auf das Prinzip Hoffnung.

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Gemeinsam optimistischBild: AP

Die erste Überschrift im Abschlusskommuniqé lautet schlicht: "Das weltweite Wirtschaftswachstum stärken." In dem vierseitigen, eng bedruckten Abschlussdokument, auf das sich die Gipfelteilnehmer USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Russland (G-8) geeinigt haben, bekennen sich die Acht zu ihrer gemeinsamen Verantwortung, neue Impulse für die Weltwirtschaft zu schaffen.

Hoffen auf die Großen

Die G-8 haben sich vorgenommen, die Strukturreformen voranzutreiben und die Liberalisierung des Welthandels zum Erfolg zu führen. Die sieben größten Industrienationen plus Russland sprechen von globalen wirtschaftlichen Herausforderungen, gleichzeitig aber auch von ihrem Vertrauen in die Erholung der Weltwirtschaft. Sie vertrauen insbesondere auf die inneren Wachstumskräfte der sieben größten Volkswirtschaften der Welt. Diese müssten auf einen Wachstumspfad zurück geführt werden, damit auch die übrige Weltwirtschaft weiter wachsen kann.

Zu den Strukturreformen gehört auch die Schaffung transparenter und verantwortungsvoller marktwirtschaftlicher Strukturen. Das soll zum Beispiel dadurch geschehen, dass der internationale Kampf gegen Korruption intensiviert wird. Der Internationale Währungsfonds IWF wird beauftragt, Präventionsinstrumente zur Früherkennung und Abwehr von Finanzkrisen zu verbessern.

Schwerpunkt nachhaltige Entwicklung

Die Entschuldungsinitiative für die ärmsten Länder dieser Welt soll fortgeführt werden. Die G-8 betonen, dass inzwischen 26 Staaten in den Genuss der Schuldenerleichterung oder des Schuldenerlasses kommen - mit einem Gesamtvolumen von über 60 Milliarden US-Dollar. Die G-8 verpflichen sich, den Kampf gegen Hunger und Armut insbesondere in Afrika fortzuführen, und sie haben in ihre Agenda aufgenommen, dass die Zahl der Menschen, die keinen Zugang zu Trinkwasser haben, bis zum Jahr 2015 halbiert werden soll. Ein Ziel, das im südafrikanischen Johannesburg beschlossen worden ist, und zu dem sich auch die G-8 ausdrücklich bekennen.

Auch der Kampf gegen Seuchen wie AIDS, Malaria und Tuberkulose soll intensiviert werden. Zudem will man bis 2005 einen Sonderfonds zur Bekämpfung der Polio-Krankheit auflegen. Ferner sollen die Gesundheitsbehörden ihre Zusammenarbeit besser koordinieren, wenn sich plötzlich neue Seuchen wie SARS verbreiten.

Verlängerung der Welthandelsrunde droht

Das gesamte Dokument liest sich wie eine Ansammlung der guten Absichten und hehren Ziele. Strittige Punkte haben dort keinen Eingang gefunden. Zum Beispiel der Welthandel, den die G-8 bis 2004 erfolgreich liberalisieren wollen. Die in Doha, der Hauptstadt von Katar, begonnene neue Welthandelsrunde steckt in einer Sackgasse, die Diskussionen über eine weitere Liberalisierung der Weltwirtschaft sind weitgehend zum Stillstand gekommen.

Vor allem der Streit über Export-Subventionen für Agrarprodukte spaltet die G-8: Während die USA auf einen radikalen Abbau drängen, tun sich Europa und Japan schwer, die Beihilfen für ihre Landwirte zu reduzieren. Hier ist man auch in Evian keinen Schritt weiter gekommen.

Im Gegenzug wollen die Europäer den Entwicklungsländern den Zugang zu preiswerten Medikamenten gegen AIDS, Malaria und Tuberkulose öffnen - wogegen sich die amerikanische Pharma-Lobby bislang mit Erfolg gewehrt hat. Kommt es bis zur Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO im mexikanischen Cancún im September zu keinem Durchbruch, droht eine peinliche Verlängerung der Welthandelsrunde, die eigentlich 2004 abgeschlossen sein sollte.

Kein Streit über Irak

Im Schlusskommuniqué erklärten die G-8-Staaten, die Zeit sei gekommen, Frieden zu schaffen und den Irak wieder aufzubauen. Es gebe eine "deutliche Besserung" der internationalen Lage nach dem Irak-Konflikt meinte etwa der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag (3.6.2003). "Dies ist das Hauptergebnis des Gipfels", sagte er nach den zweitägigen Beratungen. Die Gespräche hätten wegen der Zerwürfnisse im Irak-Konflikt "unter schwierigen Bedingungen" begonnen. Die anderen Staatschef äußerten sich ähnlich.

Deutschland und die USA sind nach Einschätzung des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröders auf einem guten Weg, ihren Streit um den Irak-Krieg beizulegen. Auf dem Gipfel sei deutlich geworden, dass alle Seiten die bisherigen Distanzen überwinden und wieder zur Zusammenarbeit übergehen wollten, sagte er.