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Vor der Zerreißprobe

11. März 2003

Der UN-Sicherheitsrat steht vor einer Zerreißprobe: Die Verabschiedung einer neuen Irak-Resolution ist nach den Veto-Drohungen Frankreichs und Russlands äußerst fraglich. Trotzdem drängen die USA auf eine Abstimmung.

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Schwierige Zeit für die Vereinten Nationen in New YorkBild: AP

Der Sicherheitsrat, das höchste UN-Gremium, berief am Montag (10.3.2003) für Dienstag und Mittwoch weitere öffentliche Sitzungen ein. Die Entscheidung darüber sei auf Antrag der 116 blockfreien Staaten gefallen, teilte ein UN-Diplomat mit. An der öffentlichen Sitzung können alle Mitgliedsstaaten teilnehmen und sich äußern. Ob die Sitzung einen oder zwei Tage dauert, hängt von der Zahl der Redner ab. Der UN-Sicherheitsrat tagte am Montag drei Stunden lang hinter verschlossenen Türen. Ursprünglich sollte dabei ein Termin für eine Abstimmung über eine zweite Irak-Resolution festgelegt werden. Der US-Botschafter bei der UNO John Negroponte, sagte, die USA wollten eine Abstimmung noch vor Ende der Woche.

Großbritannien zeigt Bereitschaft

Dem britischen UN-Botschafter Jeremy Greenstock zufolge prüft London, ob Kriterien zur Bewertung der irakischen Kooperationsbereitschaft in den Resolutionsentwurf eingefügt werden sollen. Es gebe dafür ein klares Interesse im UN-Sicherheitsrat.

Zahlreiche Sicherheitsrats-Mitglieder hatten während der Beratungen die im Resolutionsentwurf auf den 17. März festgelegte Frist für die Abrüstung Iraks als zu kurzfristig kritisiert. Greenstock zufolge soll der Entwurf mehrheitsfähig gemacht werden.

Der britische Premierminster Tony Blair sagte dem Fernsehsender ITV, das Datum 17. März sei nicht zu kurzfristig. Irak müsse nicht bis dahin abrüsten, sondern zeigen, dass es vollständig mit der UNO kooperiere. Blair zeigte sich zuversichtlich, dass eine zweite Irak-Resolution eine Mehrheit im Sicherheitsrat finden werde. Der
Premierminister steht innenpolitisch heftig unter Druck, eine
Lösung im Rahmen der UNO zu finden.

Blix-Sonderbericht geplant

UN-Chefinspekteur Hans Blix kündigte an, dem Sicherheitsrat in der kommenden Woche einen Bericht vorzulegen, aus dem die noch ausbleibenden Schritte für die Entwaffnung Iraks hervorgingen.

Normalerweise muss Blix erst am 27. März einen entsprechenden Bericht vorlegen. Blix zufolge gibt es keine Beweise dafür, dass die von den USA und Großbritannien aufgespürten unbemannten irakischen Flugzeuge chemische oder biologische Waffen transportieren.

China noch unentschlossen

China ließ als einzige Veto-Macht im Sicherheitsrat seine Position bei einer Abstimmung über eine neue Irak-Resolution weiter offen. In Telefonaten mit US-Präsident George W. Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder plädierte der chinesische Präsident Jiang Zemin für die Fortsetzung der UN-Waffeninspektionen, wie die Nachrichtenagentur Xinhua und die Zeitung "China Daily" meldeten. In der internationalen Gemeinschaft gebe es einen Konsens zur Irak-Frage, sagte Jiang demnach zu Bush.

Mehrheit gegen neue Resolution

Außer Bulgarien kündigte bislang kein Mitglied des Sicherheitsrates eine Zustimmung zum spanisch-britisch-amerikanischen Resolutionsentwurf an. Angola, Kamerun, Guinea, Chile, Mexiko und Pakistan wollen sich möglicherweise ihrer Stimme enthalten. Pakistans Premierminister Zafarullah Jamali wollte sich seiner
Partei zufolge voraussichtlich am Dienstag für eine Enthaltung aussprechen. Syrien hat sich auf die Seite der Gegner einer Resolution gestellt.

Für eine Annahme müssen neun der 15 Mitglieder
mit "Ja" stimmen. Ein einziges Veto kann eine Annahme verhindern.

US-Präsident George W. Bush bemühte sich am Montag in zahlreichen Telefonaten mit Staats- und Regierungschefs aus aller Welt intensiv um Unterstützung für eine zweite Irak-Resolution. Der spanische Regierungschef Jose Maria Aznar erklärte in einem Fernsehinterview in Madrid, ein Angriff auf den Irak sei bereits durch die Resolution 1441 gedeckt. (kas)