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Vor der nächsten Runde im Kanzlerpoker

Jens Thurau/sams4. Oktober 2005

Der Poker ums Kanzleramt geht weiter. SPD und CDU bestehen weiter auf ihrer Führungsrolle. Jetzt scheinen sogar die für Mittwoch (5.10.) angesetzen Sondierungsgespräche in Gefahr zu sein.

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Müntefering: "Mit Schröder als Kanzlerkandidat"Bild: dpa - Report

"Schröder bietet Rückzug an. Wird Merkel jetzt Kanzlerin?" "Schröder will nicht im Wege stehen" - das sind am Dienstag (4.10.) die Zeitungs-Schlagzeilen. Es war ein kleiner Satz des amtierenden Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der am Montagnachmittag das politische Berlin in Aufruhr versetzt hatte. Erstmals hatte der Bundeskanzler schließlich angedeutet, seinen Anspruch auf das Kanzleramt fallen zu lassen. Über den politischen Führungsanspruch könne letztlich nur seine Partei entscheiden, so Schröder weiter, er werde einer Regierungsbildung nicht im Wege stehen. Später dementierte SPD-Chef Franz Müntefering Berichte, dies sei bereits das Eingeständnis, dass Schröder nicht Regierungschef bleiben könne.

"Nicht neu"

Am Dienstag blieb Müntefering bei seiner Linie: Erst Verhandlungen über eine Große Koalition mit der Union, dann Personalentscheidungen, auch die über den Kanzler eines solchen Bündnisses: "Das Signal von Gerhard Schröder war ja nicht neu. Er hat ja in den letzten Wochen ja immer wieder gesagt, es geht nicht um ihn persönlich, sondern darum, dass in Deutschland vernünftig regiert wird", sagte der SPD-Vorsitzende. "Und er will natürlich - wie wir auch -, dass das stark sozialdemokratisch geprägt ist. Alles wird in Verhandlungen zu besprechen sein. Und in die gehen wir mit Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat."

Althaus für "Denkpause"

Der anhaltende Streit um die Kanzlerschaft in einer großen Koalition gefährdet inzwischen die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD. In einer Telefonkonferenz des CDU-Präsidiums am Montagabend seien erhebliche Zweifel aufgekommen, ob die Gespräche mit der SPD über die Bildung einer großen Koalition nach den Beratungen am Mittwoch direkt fortgesetzt werden könnten, sagten Teilnehmer der Schaltkonferenz am Dienstag. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus plädierte für eine Denkpause. "Wenn es nicht geht, muss man sich auch unterbrechen", sagte er am Abend in der ARD. "Es wird erwartet, dass die Sondierungen nach einem kurzen Treffen am Mittwoch vermutlich unterbrochen werden müssen", sagte auch ein Präsidiumsmitglied. Die Union wolle sich vor Klärung der Kanzlerfrage nicht auf weitere inhaltliche Beratungen mit der SPD einlassen.

CDU - Volker Kauder
Der Generalsekretär der CDU, VolkerBild: dpa-Report

CDU-Generalsekretär Volker Kauder bekräftigte, dass formelle Koalitionsverhandlungen erst beginnen könnten, wenn die SPD den Anspruch von Angela Merkel auf das Kanzleramt anerkenne.

Die Union hofft, dass während der nächsten Sondierungsrunde am Mittwoch klarer wird, dass nur Merkel eine Große Koalition führen könne. "Es geht einfach nicht, dass derjenige, der der Schwächere ist, auch noch die Führungsrolle beansprucht. Das ist in der Demokratie nicht üblich", sagte Kauder am Dienstag (4.10.) in Berlin. "Und deswegen setze ich darauf, dass die SPD das auch erkennt."

Bundeswirtschaftminister Wolfgang Clement (SPD) stellte sich hingegen hinter Schröder. Wenn die Union beim Personal Vorbedingungen stelle, werde es womöglich gar keime formellen Koalitionsverhandlungen geben, so Clement. Und SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler fügte hinzu, er könne sich nicht vorstellen, dass die SPD Merkel zur Kanzlerin wählt.

Fazit: In Berlin ist vorerst kein Ende des Pokers ums Kanzleramt in Sicht.