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Besuch im Pius-Priesterseminar bei Buenos Aires

Victoria Eglau9. Februar 2009

Zu dem Priesterseminar der Piusbruderschaft in dem Vorort von Buenos Aires pilgern seit Tagen Journalisten aus dem In- und Ausland. Hier lebt der Holocaust-Leugner Bischof Williamson.

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Bischof Richard Williamson: "Ich glaube, es gab keine Gaskammern."

Seit 2003 leitete der Brite in La Reja das Seminar der Priesterbruderschaft Pius der Zehnte. Vor dem Hintergrund der weltweiten Empörung über seine Äußerungen zum Holocaust ist er jetzt vom lateinamerikanischen Distriktoberen der Piusbruderschaft, Christian Bouchacourt von dieser Funktion offenbar entbunden worden.

Vor seinem Kiosk an einer stark befahrenen Straße sitzt Rubén, ein älterer Mann. An das Priesterseminar lieferte er zwölf Jahre lang Brot. Es seien gute Leute, meint er. Von dem internationalen Skandal um Bischof Williamson hat er gehört. Zwar kenne er dessen Äußerungen nicht genau, sagt Rubén. Doch der Holocaust sei etwas sehr Schlimmes gewesen, und wenn jemand das Ausmaß und den Schmerz in Frage stelle, sei klar, dass das in der Welt Besorgnis hervorrufe: „Sechs Millionen Menschen wurden umgebracht, das würde ich niemals leugnen.“ Doch Williamson hatte genau das getan – Gaskammern habe es nicht gegeben, so der Bischof der traditionalistischen Pius-Bruderschaft in einem im Januar ausgestrahlten Fernsehinterview.

Piusbrüder hüllen sich in Schweigen

Im Seminar der Pius-Bruderschaft will man sich zu den Aussagen von Bischof Richard Williamson nicht äußern. La Reja ist ein ausgedehnter Vorort. Das Seminar liegt ein paar Kilometer von Rubéns Kiosk entfernt idyllisch im Grünen.

Piusbruderschaft
Messe in lateinischer Sprache, der Priester steht mit dem Rücken zur Gemeinde: die Piusbruderschaft lehnt das 2. Vatikanische Konzil ab.Bild: picture-alliance/ dpa

Zu dem hellen Gebäude mit rotem Ziegeldach gehört auch eine Kirche, in der morgens und am Wochenende öffentliche Messen abgehalten werden. Die Kirche und das Tor zum Seminargrundstück sind an diesem Nachmittag verschlossen. Doch zwei französische Mitglieder der von Bischof Marcel Lefebvre gegründeten Bruderschaft, beide bekleidet mit einer schwarzen Soutane, erklären sich zu einem kurzen Gespräch über den Zaun hinweg bereit.

Er könne keine Meinung abgeben, er sei dazu nicht autorisiert, sagt der Ältere von beiden, will aber auch keinen Kontakt zu Bischof Williamson herstellen. Seinen Namen nennt er nicht. Der jüngere Mann, der sich als Jean de Dieu vorstellt, wird seine Ausbildung am Seminar der Pius-Bruderschaft bald abschließen. Beide Geistliche sind der Meinung, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Williamson-Interviews mit einem schwedischen Fernsehsender nicht zufällig gewählt war. “Diese Affäre wurde doch inszeniert, warum sonst wurde das Interview drei Monate lang unter Verschluss gehalten?“ – fragt der Ältere. Und der Jüngere fügt hinzu: „Jetzt plötzlich, nachdem die Exkommunizierung unserer Bischöfe rückgängig gemacht wurde, redet man davon. Warum nicht vorher? Das ist doch komisch.”

Relativierung des Holocaust

Jean de Dieu, der Schüler des ab 2003 von Bischof Williamson geleiteten Lefebvristen-Seminars in La Reja, ist zwar auch nicht offiziell autorisiert, seine Meinung abzugeben. Doch nach dem Thema Holocaust-Leugnung gefragt, wagt er sich mit einer konsternierenden Äußerung aus der Reserve. Die Shoa sei in den Augen der Welt ein Dogma, erklärt Jean und fährt fort: „Ich kann nichts gegen oder für die Shoa sagen, da ich keine historischen Argumente habe. Ich persönlich kann nicht verneinen, dass es sie gegeben hat, da ich keine Argumente habe. Ich kann auch nicht sagen, dass es sie gegeben hat, da ich keine Beweise habe.”

Die beiden Mitglieder der erzkonservativen Priesterbruderschaft, die eine Reihe von Reformen des zweiten vatikanischen Konzils ablehnt, sind sehr zufrieden damit, dass Papst Benedikt die Exkommunizierung ihrer vier Bischöfe im Januar aufgehoben hat.

Papst Benedikt XVI Reaktion auf Williamson Rehabilitierung
Papst Benedict XVI ist durch die Rehabilitierung der vier Piusbrüder in die Kritik geratenBild: AP

Die Exkommunizierung hätten sie selbst nie anerkannt. Aber nun, glauben die Geistlichen, sei die Bruderschaft auch in den Augen der ganzen Katholischen Kirche in den Schoß dieser zurückgekehrt.

In der Katholischen Kirchengemeinde von La Reja ist der Pfarrer nicht zu sprechen, er hat Urlaub. Im Büro sitzt eine Mitarbeiterin, die sich wundert, dass der Papst die Exkommunizierung aufgehoben habe, ohne über Bischof Williamson richtig informiert zu sein. „Das hat mich wirklich überrascht. Aber, dass er hier lebt, interessiert mich nicht, solange er unserem Ort nicht schadet.”