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Von Kampf und Krampf

Sarah Wiertz
29. Dezember 2017

Kein Olympia, keine Fußball-Weltmeisterschaft - und dennoch: das Sportjahr 2017 hat uns dieses Jahr wieder emotional mitgespielt: ob surrealer Abschied, historische Siege oder sportpolitische Klüngelei. Unser Rückblick.

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Großbritannien London: IAAF Weltmeisterschaft: Usain Bolt mit verletzung im Finale
Bild: Reuters/L. Nicholson

Es war ein Drama in drei Akten: Bei seiner großen Abschiedsshow lief Leichtathletik-Star Usain Bolt bei der Weltmeisterschaft in London im August über die 100 Meter erst als Dritter über die Ziellinie. Über die 200 Meter ging der Jamaikaner daraufhin gar nicht erst an den Start. Und beim Staffellauf - seinem letzten Rennen - ging er bereits nach wenigen Metern mit einem Schrei zu Boden: Ein Krampf in seinem linken, hinteren Oberschenkel. Auf seine Teamkollegen gestützt kam er im Ziel an. "Ich werden den Sport vermissen. Aber ich bekomme die Chance, zu leben und zu reisen, wann ich will", sagte einer der erfolgreichsten Sportler aller Zeiten später. Der 31-Jährige lief zu acht olympische Goldmedaillen und elf Weltmeister-Titeln.

Immerhin zwei Olympische Goldmedaillen kann auch Tennisspieler Rafael Nadal aufweisen. Dem Spanier gelang im Juni bei den French Open zusätzlich ein historischer Sieg: Der Sandplatz-Spezialist gewann zum zehnten Mal die French Open. So oft hat noch nie ein Tennisprofi dasselbe Grand-Slam-Turnier gewinnen können. Im Finale besiegte Nadal den Schweizer Stan Wawrinka mit 6:2, 6:3 und 6:1 und blieb im gesamten Turnierverlauf ohne Satzverlust.

Lauf in die Geschichtsbücher

Ein Spiel für die Geschichtsbücher war auch das Endspiel um die Meisterschaft der US-amerikanischen Football-League NFL. Beim sogenannten Super Bowl im Februar ging es erstmals seit 51 Jahren in die Verlängerung. Zudem gab es ein bislang nie da gewesenes Comeback. Die New England Patriots um ihren Quaterback Tom Brady lagen mit 25 Punkten zurück, um dann doch noch mit 34:28 (3:21) zu gewinnen.

Biathlon World Cup - Damen - Laura Dahlmeier
Dahlmeier: Erfolgreichste Biathletin bei einer WeltmeisterschaftBild: Getty Images/Bongarts/A. Hassenstein

Eine neue Bestmarke im Biathlon stellte die deutsche Sportlerin Laura Dahlmeier bei der Weltmeisterschaft in Hochfilzen im Februar auf: Gold in der Verfolgung, im Einzel, im Massenstart, mit der Staffel und mit der Mixed-Staffel sowie Silber im Sprint - niemand hat zuvor so eine Ausbeute vorzuweisen, weder Landsfrau Magdalena Neuner noch der Norweger Ole Einer Björdalen. "Es ist ein absoluter Traum. Ich hätte das nie für möglich gehalten", so Dahlmeier.

Historische Titelverteidigung und Sieg mit der B-Elf

In der Fußball Champions League gelang es zum ersten Mal einer Mannschaft, den Titel zu verteidigen: Real Madrid setzte sich im Mai im Endspiel mit 4:1 gegen Juventus Turin durch. Dabei machte Cristiano Rolando das Finale mal wieder zu einer One-Man-Show. Der Portugiese erzielte zwei Tore. Sein 1:0-Führungstreffer war das 500. Champions-League-Tor der Königlichen. Das zum 3:1 sein 600. Tor seiner Profikarriere. Mannschaftskollege Toni Kroos gelang ebenfalls ein Rekord: er ist der erste deutsche Spieler mit drei Titeln in der Königsklasse.

Die deutschen Vereine spielen im internationalen Wettbewerb keine Rolle. Die Nationalmannschaft gegen schon: Beim Confederations Cup im Juni tritt das DFB-Team nur mit einer B-Elf an. Von dem Weltmeisterteam von 2014 sind nur drei dabei: Julian Draxler, Matthias Ginter und Shkodran Mustafi. Alle anderen haben ihren Rücktritt erklärt, sind verletzt oder Bundestrainer Joachim Löw gönnt ihnen eine Pause. Und trotzdem: Deutschland gewinnt die Mini-WM und will nun bei der WM im Sommer in Russland den Fluch brechen: Dass ein Confed-Cup-Sieger bisher noch nie im drauffolgenden Jahr Weltmeister geworden ist.

In den Schlagzeilen: Neymar und Bibiana Steinhaus

Dem nächsten Titel so nah schienen auch die deutschen Fußball-Frauen im Juli. Doch der achtmalige Europameister schied als Turnier-Favorit bei der EM  bereits im Viertelfinale aus. Das Team der neuen Bundestrainerin Steffi Jones überzeugte in keinem der vier Turnierspiele und verlor verdient gegen Dänemark mit 1:2, das später im Endspiel den Gastgebern aus den Niederlanden unterlag. 

Zum vierten Mal in der über 100-jährigen Geschichte der Tour de France begann der Auftakt des wichtigsten Radsportrennens der Welt in Deutschland - diesmal war Düsseldorf Startpunkt. Sonst war business as usual: Chris Froome ließ sich im Juli zum vierten Mal in seiner Karriere auf dem Champs Elysee bejubeln. Erfolgreichster Etappenjäger war Marcel Kittel. Der Deutsche gewann fünf Teilstücke, musste aber nach dem 17. nach einem schweren Sturz verletzungsbedingt aufgeben.

Einen großen Titel hat Fußballer Neymar zwar in diesem Jahr nicht gewonnen, trotzdem sorgte der Brasilianer in der Sommerpause wochenlang für Schlagzeilen: Der Rekordwechsel des 25-Jährigen für 222 Millionen vom FC Barcelona zu Paris St. Germain sprengt alle bisher gekannten finanziellen Grenzen. Für großes Medieninteresse sorgte auch Bibiana Steinhaus. Die Schiedsrichterin leitete im September als erste Frau eine Partie in der Fußball-Bundesliga. Beim 1:1 zwischen Hertha BSC und Werder Bremen gab die 38-jährige Polizeihauptkommissarin ihr Debüt. "Ich möchte diese Geschlechter-Diskussion nicht betonen, was ich will ist eine Diskussion über Leistung", erklärte Steinhaus später im DW-Interview.

Bundesliga Hertha BSC v SV Werder Bremen - Bibiana Steinhau
Steinhaus: Erster Schiedsrichterin in der BundesligaBild: Reuters/F. Bensch

Deutsche Dominanz auf Hawai

Sportpolitisch gab es ebenfalls historisches zu vermelden: Das Internationale Olympische Komitee entschied sich im September beim IOC-Kongress in Lima für eine Doppelvergabe - erstmals seit 100 Jahren. Die Sommerspiele 2024 werden in Paris ausgetragen, vier Jahre später dann in Los Angeles. Beide Städte hatten sich eigentlich für die Spiele in sieben Jahren beworben. Doch so kann das IOC einer möglichen blamablen Situation entgehen: Dass nämlich keine Stadt aus einem demokratischen Land mehr die Spiele austragen möchte.

IRONMAN World Championship 2017 Patrick Lange
Lange mit dem Sieger-KopfschmuckBild: Getty Images/Ironman/S.M. Haffey

Acht Stunden, eine Minute und 39 Sekunden - das ist der neue Streckenrekord beim Ironman auf Hawaii. Aufgestellt wurde er von einem Deutschen, dem Triathleten Patrick Lange. Er ist nach Thomas Hellriegel (1997), Normann Stadler (2004 und 2006), seinem jetzigen Trainer Faris Al-Sultan (2005), Kienle (2014) und Jan Frodeno (2015/2016) der sechste Deutsche, der auf der Pazifikinsel siegte.

IOC-Urteil im russischen Dopingskandal

Wer auf ein spannendes Titel-Rennen in der Formel 1 gehofft hatte, wurde enttäuscht: Lewis Hamilton wurde beim drittletzten Grand Prix der Saison in Mexiko vorzeitig Weltmeister - zum vierten Mal. Damit zog er mit Konkurrent Sebastian Vettel aus Deutschland gleich. Bis zu den sieben Titeln von Michael Schumacher dauert es aber noch.

Mit Trommeln und Trompeten verabschiedet sich das Sportjahr - dank des Internationalen Olympischen Komitees. Anfang Dezember verkündet das IOC ihr Urteil um den Manipulations- und Dopingskandal Russlands bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi: Es gibt keinen Olympia-Komplett-Ausschluss. Russische Athleten dürfen - wenn sie nachweisen können, dass sie nicht Teil des Dopingsystems waren - unter neutraler Flagge starten. Das Team nennt sich dann OAR (Olympic Athlets of Russia).

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online