Von Hongkong nach Hannover und zurück
20. Dezember 2010Louisa Chans Affäre mit Deutschland begann in Köln am Rhein. Da war sie 17 und der Sommerabend sehr lang. "Wir saßen bis 11 Uhr in einer Kneipe, haben viel geredet und Kölsch getrunken", erinnert sich die heute 24-Jährige. In der Kneipe lernte sie zum ersten Mal Deutsche kennen. Sie war überrascht, wie locker und lustig die waren, so ganz anders als die oft gestressten Hongkonger Großstadtmenschen.
Nach Köln war Louisa mit ihrer Mutter gekommen, die dort geschäftlich zu tun hatte. Sie bekam nur einen kurzen Eindruck, doch einen folgenreichen. Mittlerweile ist Deutschland für sie zur zweiten Heimat geworden. Die junge Frau mit dem langen Pony arbeitet heute im Hongkonger Informationszentrum des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Dort berät sie junge Hongkonger über Studienmöglichkeiten in Deutschland, von Kurzaufenthalten über Masterstudiengänge bis zu Doktorandenprogrammen.
Von Hongkong nach Hannover
Sie selbst begann gleich nach ihrem Köln-Besuch, in Hongkong Deutsch zu lernen und verbrachte dann ihr zwölftes Schuljahr in Hannover. Sie lebte bei einer Gastfamilie, zu der sie heute noch engen Kontakt pflegt. Vieles in Deutschland war anfangs neu für sie. "Total ungewöhnlich fand ich, dass wir nach dem Essen in der Familie immer zusammensaßen und redeten", sagt Louisa. "Ich erzählte viel von Hongkong und meiner Kultur. Und meine Gastfamilie erklärte mir deutsche Gewohnheiten."
Auch die Atmosphäre in der Schule war ganz anders als in Hongkong. Louisa musste sich erst einmal daran gewöhnen, dass die Lehrer von ihr Mitarbeit erwarteten. "In Hongkong sitzen die Schüler im Unterricht vor allem da und hören einfach zu." Nach zehn Monaten kehrte Louisa nach Hongkong zurück, um nur kurze Zeit später für ein paar weitere Monate wieder nach Hannover zu gehen, weil sie ihr Deutsch perfektionieren wollte. Ihr Architekturstudium absolvierte sie dann wieder in Hongkong.
Wand + Malerei = Wandmalerei
Hier lebt die junge Frau auch heute, hält durch ihren Job beim DAAD aber Kontakt zu Deutschland und seiner Sprache. Sie spricht Deutsch mit ihrer Chefin, kommuniziert auf Deutsch schriftlich und mündlich mit den Hochschulen und geschäftlichen Partnern in Deutschland. Louisa hat die Sprache lieben gelernt. "Deutsch ist eine sehr schöne Sprache. Besonders gern mag ich, dass man im Deutschen Wörter einfach zusammensetzen kann. Zum Beispiel 'Wandmalerei': Ich kenne die Wörter 'Wand' und 'Malerei', und dann mache ich einfach 'Wandmalerei' daraus." Kompliziert findet sie allerdings die deutschen Artikel und die drei Geschlechter. Das Chinesische kennt nichts Vergleichbares.
Wenn Hongkonger Studenten zu Louisa kommen und fragen, warum sie Deutsch lernen oder in Deutschland studieren sollten, rechnet sie ihnen vor, dass allein in Hongkong etwa 500 deutsche Firmen Niederlassungen haben, die gern Mitarbeiter mit Deutschkenntnissen einstellen. Und sie erklärt ihnen, welche beruflichen Möglichkeiten sich mit der deutschen Sprache in Deutschland, Österreich, der Schweiz und generell in Europa bieten.
Träume für die Zukunft
Louisa baut selbst auf diese Möglichkeiten. "Ich möchte vielleicht noch einen Master als Dolmetscherin machen", sagt sie. "Damit kann ich mal in Deutschland arbeiten. Und ich lerne gerade noch Russisch, weil Deutschland und Russland ja immer engere Beziehungen haben." Louisa hat Lust darauf, eines Tages wieder in Deutschland zu leben. Es gefällt ihr dort. Nur Blutwurst - daran kann sie sich nicht gewöhnen.
Autor: Markus Rimmele
Redaktion: Esther Broders / Carolin Hebig