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Von Helden und Skinnies

Udo Bauer24. Januar 2002

Das Pentagon und Hollywood haben kooperiert wie noch nie bei dem Filmprojekt "Black Hawk Down". Amerika braucht Patrioten und Helden - um jeden Preis. Gedanken von DW-TV-Korrespondent Udo Bauer.

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Matt Eversmann sagt es aus tiefster Überzeugung. Der 15stuendige Feuerkampf in Mogadischu vor acht Jahren war eine seiner feinsten Stunden, etwas, worauf er äußerst stolz sei. Matt Eversmann muss es wissen, er war als Feldwebel dabei, als amerikanische Special Forces in der somalischen Hauptstadt in einen Hinterhalt gerieten und von einem gutbewaffneten Mob zusammengeschossen wurden. 18 tote und 73 verwundete GIs wurden am Ende gezählt, von den Verlusten des Gegners gibt es nur eine Schätzung: 500 bis 1000 Tote. Na, wenn das kein militärischer Erfolg ist, was dann?

Kommando zum Rückzug

Bill Clinton und mit ihm der größte Teil der Weltöffentlichkeit sah das vor acht Jahren völlig anders. Der Präsident sah, Vietnam lässt grüßen, die Weltmacht USA gedemütigt von einem wütenden Mob, der nicht kapiert hat, dass man ihm nur Gutes wollte. Er sah die Fernsehbilder von zwei toten US-Soldaten, die nackt durch die Strassen Mogadischus geschleift wurden, und gab - nach dem obligatorischen Blick auf die Meinungsumfragen - das Kommando zum Rückzug aller US-Streitkräfte vom Horn von Afrika. Kein Einsatzziel wurde erreicht, kein Warlord gefangen, kein Somali entwaffnet und kein Frieden gebracht. Na, wenn das keine militärische Niederlage ist, was dann?

Geschichte versus Hollywood

Nun ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass Politiker und Soldaten bei der Beurteilung von militärischen Auseinandersetzungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Ungewöhnlich aber ist, dass die jetzt amtierenden Politiker versuchen, mit der Hilfe von Hollywood den Albtraum von Mogadischu zum Triumph amerikanischer Kampfeskraft umzudrehen. Selten hat Hollywood so schamlos Geschichtsklitterung betrieben wie mit "Black Hawk Down" und hat dabei so viel Applaus bekommen vom Pentagon und von Veteranen wie Matt Eversmann. "Absolut realistisch!", heißt die einhellige Meinung der Militärs über das 90 Millionen Dollar teure Action-Spektakel.

Laut und leer

Das nimmt wenig Wunder, hat das Verteidigungsministerium dem Film doch mit Original-Kriegsmaterial und Original-Soldaten eine noch nie dagewesene logistische Unterstützung gewährt. Nur an den Original-Schauplatz hat man sich nicht getraut, die Außenaufnahmen wurden im marokkanischen Rabat gedreht. Das Resultat ist eine überlange, brutale und unverschämt einseitige Schiesserei. Die GIs, tapfer bis in den Tod und treffsicher wie nie, reduzieren eine mehrfache Übermacht aus der Hüfte schiessender, schwarzer Killer - im Film 'Skinnies' genannt. "Laut und leer" urteilt die New York Times. Mehr braucht man dazu auch nicht zu sagen, außer vielleicht, dass 'Black Hawk Down' in seiner ersten Woche der meistgeschaute Film in den USA war.

Bald wieder da?

Wen kümmert schon die Wahrheit in Kriegszeiten. Zumal 'unsere Jungs' (amerikanisch für 'bewaffnete US-Streitkräfte') schneller wieder da sein können als man glaubt. Die Star-Reporter der amerikanischen Fernsehstationen berichten schon täglich live aus Mogadischu, seit es in Afghanistan ein bisschen ruhiger geworden ist. Sie berichten von der Absturzstelle eines Black Hawk- Hubschraubers. Das Wrack liegt immer noch da, allerdings ist in acht Jahren ein riesiger Kakteenstrauch darüber gewachsen. Auch Gras wollen die interviewten Somalis über die Vergangenheit wachsen lassen. Sie bitten Amerika um Hilfe im Kampf gegen die Warlords und gegen die Armut. Anders die, die ein raubkopiertes Video von 'Black Hawk Down' gesehen haben. Bei jedem abgeschossenen Helikopter brachen Jung und Alt in Jubelgeschrei aus. Ein junger Mann meinte gar in die CNN-Kamera: "Die Amis sollen nur kommen. Dann werden noch mehr Filme über uns gedreht."