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Von Fehleinschätzungen und Zukunftsaussichten

28. Mai 2002

"Für den modischen Telekom-Pessimismus gibt es wirklich keinen Grund", sagte Ron Sommer auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom in Köln. Den Kleinaktionären fehlten die Worte, also pfiffen sie Sommer aus.

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Die Zukunft trotz Widrigkeiten fest im Blick: Ron SommerBild: AP

Ron Sommer hatte dabei Fehleinschätzungen eingestanden, zugleich aber seine Geschäftspolitik als zukunftsorientiert verteidigt. Bei der Hauptversammlung des Unternehmens sagte er am Dienstag (28.5.2002) vor fast 9000 Aktionären in Köln, der Absturz der Telekom-Aktie an der Börse sei angesichts der objektiv positiven Fakten nicht nachvollziehbar und lasse sich nur mit psychologischen Mechanismen erklären. Die Telekom stehe besser da als die Konkurrenz, werde aber "ungerechtfertigterweise mit der Branche gemeinsam abgestraft", erklärte Sommer.

Spekulationen um Sommers Entlassung

Die Entwicklung der T-Aktie sei "in höchstem Maße unerfreulich", da sie in "krassem Gegensatz zur operativen Entwicklung des Konzerns" stehe, sagte Sommer. Denn immerhin ist der Umsatz des Unternehmens in Zeiten schwacher Konjunktur gewachsen. Die Aktie war dennoch jüngst auf einen neuen Tiefststand von 11,76 Euro gerutscht. Vor dem Hintergrund des Kursverfalls gab es bereits in der Vergangenheit mehrfach Spekulationen über ein vorzeitiges Amtsende Sommers. Die deutsche Zeitschrift "Wirtschaftswoche" zitierte einen Vertrauten Schröders mit den Worten: "Das Problem Deutsche Telekom muss nach der Bundestagswahl dringend gelöst werden." Selbst ein Regierungswechsel könne Sommer nicht retten, berichtete das Magazin. Ein Telekom-Sprecher sagte dazu, dem Unternehmen sei davon nichts bekannt.

Mehr Geld für schlechte Leistung?

Sommer räumte ein, dass auch das Telekom-Management "nicht immer alles richtig gesehen" habe. "So haben wir uns etwa in der Einschätzung des Preisverfalls durch eine extreme Regulierung geirrt, der in dieser Dynamik einfach nicht vorhersehbar gewesen ist", sagte der Telekom-Chef. Unverständlich war vielen in Köln, warum das irrende Management dafür auch noch mit steigenden Bezügen belohnt wurde. Der Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Dietrich Winkhaus verteidigte diese Erhöhung. Der Vorstand habe "gute Arbeit" geleistet, und es seien bei der Vergütung auch internationale Vergleiche herangezogen worden. Die Quittung für Winkhaus war ebenfalls ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert der Aktionäre. Die Bezüge des Vorstandes waren im vergangenen Jahr um knapp 90 Prozent von 9,2 auf 17,4 Millionen Euro angehoben worden. Winkhaus sagte dazu, es habe keine Steigerung um 90 Prozent gegeben, da in der Erhöhung auch Abfindungen für ehemalige Vorstandsmitglieder enthalten seien.

Sommer: Aussichten besser als angenommen

Telekommunikation sei weiterhin eine Wachstumsbranche, betonte Ron Sommer in seiner rund 90-minütigen Rede. In Deutschland sei dieser Markt im vergangenen Jahr um rund fünf Prozent gewachsen, während die übrige Wirtschaft nahezu stagnierte. Sommer betonte die Entschlossenheit, den Schuldenberg der Telekom von derzeit rund 67 Milliarden Euro bis Ende 2003 auf 50 Milliarden Euro zu senken. Dazu sollen unter anderem in den nächsten zwei Jahren Immobilien im Wert von jeweils etwa drei Milliarden Euro verkauft werden, ebenso die Beteiligung an France Telecom. Außerdem will das Unternehmen weitere Stellen streichen. Sommer bestritt aber, dass der Personalabbau beschleunigt werde. Bis Ende 2004 bestehe ein Überhang von 22.000 Stellen in erster Linie in der Festnetzsparte, die sozialverträglich abgebaut werden sollten.

Auch die Aktionäre müssen für den Sparkurs herhalten. Die Dividende wird von 62 auf 37 Cent je Aktie gekürzt. Dies sei dem Unternehmen nicht leicht gefallen, betonte Sommer. Unter Druck steht Sommer freilich auch durch unverschuldete Schwierigkeiten. Der geplante Börsengang der Tochtergesellschaft T-Mobile lässt wegen des schlechtne Umfeldes auf sich warten. Ebenso belastet der gescheiterte Verkauf der größten Teile des Kabelnetzes an Liberty Media die Kassen der Telekom.

Weiter auf Expansionskurs

Der Internet-Dienst T-Online will nun auch ins Pay-TV-Geschäft einsteigen und dafür ein eigenes Fernsehangebot starten. "Wir denken über eine Lösung für 2003 nach", sagte Unternehmenschef Thomas Holtrop dem Magazin "Focus Money" für seine neue Ausgabe. Bei dem Dienst solle es sich um eine Mischung aus traditionellem Online-Dienst und Pay-TV handeln. "Der Kunde kann dann selbst entscheiden, ob er auf dem Bildschirm seines Fernsehers lieber unsere Nachrichten-Seiten lesen oder einen Spielfilm anschauen will." Beide Angebote wolle T-Online bieten. Abo-Gebühren sollen nicht anfallen, sondern nach Nutzung bezahlt werden. (dk)