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Vom virtuellen Sportler lernen

3. Juli 2009

Turnschuhe an, in den Wald und ab gehts. Training kann so einfach sein. In vielen Fällen ist das heute allerdings nicht mehr so. Es wird computerunterstützt trainiert.

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Jeder Sportler braucht das auf ihn individuell zugeschnittene SportgerätBild: Benjamin Wüst

Wer effektiv trainieren will – und darauf sind Leistungssportler angewiesen – wird nicht einfach in den Wald gehen und loslaufen, sondern die Technik bemühen. "Wenn jemand rudert, schwimmt, Rad fährt oder läuft, hat er natürlich in der Regel keinen Computer bei sich, bis auf die alten Herzfrequenzmessgeräte, mit denen sehr viele Sportler arbeiten", sagt Joachim Mester, Professor für Trainingswissenschaften an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Stimmt, niemand joggt mit einem Laptop unter dem Arm. Die Computertechnik wirkt im Hintergrund und dient der Koordination, der Optimierung des Trainings. Die Leistungsdiagnostik am Computer stellt die körperliche Leistungsfähigkeit, also Kraft und Ausdauer, fest.

Dreidimensionale Bewegungsanalyse

Stabhochsprung Hochsprungstab
War der Bewegungsablauf optimal?Bild: DW/Wüst

Längst bleibt es aber nicht mehr bei Klassikern wie der Herzfrequenzmessung oder dem Laktattest. Mit modernster Technik können dreidimensionale Bewegungsanalysen vorgenommen werden. Das Verfahren nennt sich "Motion Capture". Es wird zum Beispiel in der Leichtathletik beim Sprint angewendet. "Vier Hightech-Videokameras erfassen den Sprinter, dann wird der Körper aus der Umgebung herausgerechnet und in einer Art Strichmännchen dargestellt", erklärt Andreas Stolte bei der Ausstellung "Computer und Sport" im Heinz-Nixdorf Museum in Paderborn. Die Bewegungen des Sportlers werden als virtuelles 3D-Körpermodell dargestellt und können so analysiert werden.

Sportler und ihre Körper
Sieht so die optimale Kurve beim Hürdensprint aus?Bild: Benjamin Wüst

Wo bewegt sich der Athlet nicht optimal? Nimmt der Sprinter die Arme beim Start richtig mit? Die Analyse erfolgt in einer virtuellen Welt, an einem virtuellen Abbild des realen Sportlers. Das Ziel ist der optimale Bewegungsablauf, der das optimale Ergebnis bringt. "Ein Gewinn für den Leistungssport", findet Trainingswissenschaftler Mester: "Das ist auf jeden Fall sehr sinnvoll, weil man so auch Bewegungstechniken messen kann, die man mit dem bloßen Auge nicht sieht."

Spitzensport durch Spitzentechnik

Motion Capture Anzug
Anzug mit Markern für das Motion Capture-VerfahrenBild: DW / Wüst

Das Motto der technologischen Neuheiten lautet: "Spitzensport durch Spitzentechnik". Eines dieser Hightech-Systeme ist der "Bodyscanner". Per Laser wird der Sportler vermessen. So werden volumetrische und biometrische Daten des Sportlers erfasst und zu einem dreidimensionalen Volumenmodell des Körpers zusammengefügt. "Letztendlich dienen diese genau gemessenen Daten, um beispielweise die Ergonomie des Sportgerätes oder auch hochfunktionale Sportkleidung wirklich individuell an den Körper des Athleten anzupassen", sagt Gottfried Hermeyer, Kurator des Heinz-Nixdorf Museum in Paderborn.

Der Sitz im Kanu wird also ganz individuell an den Hintern des Kanuten angepasst. Die Rahmenhöhe und der Abstand zwischen Sattel und Lenker werden für den Radprofi ganz präzise bestimmt, oder der Schwimmer bekommt – dank Bodyscan – einen hautengen, nur ihm passenden Schwimmanzug.

Keine Technik, keine neuen Weltrekorde

Eine positive Entwicklung, findet der Kölner Trainingswissenschaftler Joachim Mester: "Wenn es hilft, Menschen vernünftig, also nicht zu stark, aber trotzdem trainingswirksam zu belasten, wenn es hilft, Bewegungstechniken zu untersuchen, die vielleicht auch Verletzungsprävention zum Ziel haben, dann finde ich das sehr sinnvoll."

Im modernen Hochleistungssport erweitern sich die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit ständig. Gäbe es den technologischen Fortschritt und die Sportwissenschaft nicht, gäbe es schon längst keine Weltrekorde mehr.

Autor: Benjamin Wüst
Redakteur: Arnulf Boettcher