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Vom Stipendiaten zum Chef

Diana Hodali2. April 2012

Viele ehemalige Stipendiaten der Alexander-von-Humboldt-Stiftung besetzen heute weltweit Leitungspositionen, besagt eine Studie. Auch der junge Nigerianer Jude Obidiegwu träumt davon.

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Jude Obidiegwu als Forschungsstipendiat am Max-Planck-Institut Köln (Foto: DW/D.Hodali)
Jude Obidiegwu ist Forschungsstipendiat der AvH-StiftungBild: DW/D.Hodali

Schon bei seiner Ankunft am Frankfurter Flughafen merkte er, dass sich für ihn einiges ändern würde: Eine andere Sprache, eine andere Umgebung und anderes Essen. Doch Jude Obidiegwu aus Nigeria gewöhnte sich schnell an die neuen Umstände: Vier Monate Sprachkurs am Bonner Goethe-Institut, eine Wohnung in Köln für sich und seine Frau, und was das Essen anging - Reis, so sagt Jude, gäbe es ja überall – also auch kein Problem. Zumal er viele deutsche Gerichte mittlerweile sehr gerne esse.

Und dazu gehört für Jude Obidiegwu auch die deutsche Kartoffel. Aber die Kartoffel liegt nicht immer nur zum Mittagessen auf seinem Teller, sondern meistens in Scheiben geschnitten unter seinem Mikroskop oder in einer Petrischale. Jeden Tag steht Doktor Jude Obidiegwu in seinem weißen Kittel im Labor des Max-Planck-Instituts in Köln und erforscht die Lieblingsknolle der Deutschen. Im März 2011 ist er als Forschungsstipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in die Bundesrepublik gekommen. "Ich bin wirklich privilegiert, dieses Stipendium bekommen zu haben", sagt Jude. "So kann ich meine Fachkenntnisse erweitern und mein wissenschaftliches Netzwerk ausbauen."

Jude Obidiegwu betritt das Max-Planck-Institut (Foto: DW/D.Hodali)
Jude Obidiegwu wird zwei Jahre am Max-Planck-Institut forschenBild: DW/D.Hodali

Bestens geeignet für Leitungspositionen

Genau das ist das Ziel der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. In der Tradition ihres Namensgebers, des berühmten Naturforschers und Weltreisenden von Humboldt, baut die Stiftung seit sechs Jahrzehnten Brücken des gemeinsamen Forschens und Lernens. Jährlich vergibt sie fast 800 Stipendien an hochqualifizierte Wissenschaftler aus aller Welt, in allen Fachbereichen. Mit Erfolg, wie die Stiftung jetzt mit einer Studie belegt. Danach schaffen es rund 80 Prozent der Alumni auf den Professorenstuhl. Humboldtianer, wie sich die mittlerweile 25.000 Alumni nennen, besetzen rund um die Welt Leitungspositionen - in erster Linie an Institutionen der Wissenschaft und Forschung, aber auch in Politik, Kultur und Industrie.

Auch Jude hofft auf eine Karriere in seinem Heimatland. 2010 hat der Nigerianer seinen Doktor in Pflanzenzüchtung am "International Institute of Tropical Agriculture (IITA)" in Abada gemacht und wird insgesamt zwei Jahre am Max-Planck-Institut forschen. Dort untersucht er, wie man erkennen kann, ob eine Kartoffel resistent ist gegen den so genannten Kartoffelkrebs, damit die Bauern frühzeitig wissen, ob ihre Ernte ertragreich sein wird.

Ein gemeinsamer Ort des Lernens

In Nigeria, so sagt Jude, sei die Wissenschaft im internationalen Vergleich aber noch nicht konkurrenzfähig. Vielerorts fehle das wissenschaftliche Personal, um wirklich einen Wandel oder Konkurrenzfähigkeit zu schaffen. "Ich bin hierher gekommen, um so viel Wissen wie möglich zu sammeln, das ich an meine Kollegen in Nigeria weitergeben kann", betont Jude. Er ist einer von insgesamt 200 Nigerianern, die die Humboldt-Stiftung bis heute fördern konnte. Die meisten Stipendiaten aus Nigeria kommen - wie Jude - aus der Agrarforschung. Das sei nicht verwunderlich, meint der 36-Jährige. "Immerhin ist Nigeria das Land mit der größten Bevölkerung in Afrika und das Thema Nahrungssicherheit spielt bei uns eine wichtige Rolle."

Klaus Manderla von der Alexander-von-Humboldt Stiftung in Bonn (Foto: Klaus Manderla)
Klaus Manderla von der AvH-Stiftung in BonnBild: privat

Klaus Manderla von der Abteilung Förderung und Netzwerke bei der Alexander-von-Humboldt-Stiftung hält es daher für eine entscheidende Aufgabe, Stipendiaten wie Jude nach ihrer Rückkehr zu unterstützen. Es sei nicht das Hauptziel, die qualifizierten Wissenschafter und Wissenschaftlerinnen aus dem Ausland in Deutschland zu behalten, betont er. Im Gegenteil. "Es wäre geradezu fatal, wenn Deutschland die besten Personen aus den Ländern abziehen würde, die dieses qualifizierte Personal dringend brauchen", so Manderla. Insgesamt fördert die Humboldt-Stiftung derzeit fast 1800 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit einem Forschungsstipendium in Deutschland.

Die Zukunft Nigerias im Blick

Jude teilt sich am Max-Planck-Institut das Büro mit drei weiteren Kollegen. Es ist ein bisschen eng, aber das ist ihm egal. Er brauche ohnehin nicht viel Platz, um zu forschen, sagt er. Gerade erst ist die Abteilung "Pflanzenzüchtung" in neue Räumlichkeiten gezogen. Jude hat seinen Forschungsplatz schon so gut wie eingerichtet – er genießt die Ausstattung, die das Max-Planck-Institut ihm bietet. Alle nötigen Geräte stehen ihm täglich zur Verfügung – viel mehr als an seinem Institut in Nigeria.

Jude träumt davon, nach seiner Rückkehr in die Heimat mit Hilfe der Humboldt-Stiftung ein eigenes Labor zu eröffnen. "Es muss gar nicht so groß sein wie das Labor in Köln", meint er bescheiden. Auch wenn viele seiner Kollegen, die bereits im Ausland waren, es schwierig fänden, wieder nach Afrika zurückzukehren, sei das für ihn keine Option. In seiner Heimat habe er mit seinem Wissen viel mehr Einfluss, betont der Stipendiat und fügt hinzu: "Wenn ich nur das Leben eines einzigen Bauern erleichtern kann, indem ich ihm durch meine Forschung die Ernte sichere, dann ist das Erfüllung genug."