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Sunnitische Rebellen

Peter Philipp1. Oktober 2008

Einst Rebellen, jetzt Verbündete der Amerikaner im Irak: Sunnitische Milizen sollen unter dem Kommando der irakischen Regierung für Stabilität im Land sorgen. In ihren Reihen sind auch ehemalige El-Kaida-Kämpfer.

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Mann hinter Maschinengewehr (2.8.07, Amariyah - Irak, Quelle: AP)
Ehemalige Rebellen kämpfen jetzt mit der Regierung gegen El KaidaBild: AP

Sie waren einst Teil der El Kaida im Irak, dann wechselten bewaffnete sunnitische Gruppen plötzlich die Seiten und schlossen sich den US-Truppen an. Ab dem 1. Oktober werden sie nun – zuerst in Bagdad und dann in anderen Teilen des Landes – schrittweise unter die Fürsorge der von Schiiten beherrschten irakischen Zentralregierung gestellt und auch ihren Sold von dieser beziehen. Ob die neue Zusammenarbeit aber von Bestand sein wird, weiß niemand zu sagen.

Die Al-Sahwa- ("Das Erwachen") Milizen haben in den zurückliegenden anderthalb Jahren wichtige Hilfe bei der Eindämmung der täglichen Gewalt im Irak geleistet, obwohl es natürlich auch weiterhin zu Gewalttaten kommt. Und der kürzlich verabschiedete Oberkommandierende der US-Truppen im Zweistromland, David Petraeus, kann zufrieden sein mit seiner Politik der Einbindung dieser Milizen, deren Stärke auf rund 100.000 landesweit geschätzt wird, davon 54.000 in Bagdad.

Seitenwechsel für den Frieden

Sie vertreten die sunnitische Minderheit im Irak, die bis zum Sturz Saddam Husseins an der Macht war und die – nicht zu Unrecht – befürchten musste, nun von der schiitischen Mehrheit und den Kurden zum Südenbock gemacht zu werden für all das von diesen erlittene Unrecht und Leiden unter Saddam. Auch die Amerikaner betrachteten und behandelten die Sunniten zunächst als Feind und trieben sie dadurch noch rascher in die Rolle von Untergrundkämpfern, Terroristen und Kampfgefährten der (sunnitisch-) islamistischen El Kaida. Und es waren diese sunnitischen Kämpfer auf der einen und die schiitischen Anhänger des militanten Muktada al-Sadr auf der anderen Seite, die das Land wiederholt an den Rand eines Bürgerkrieges bombten.

Sunnitische Stammesführer in der Anbar-Provinz waren die ersten, die einsahen, dass dieser Weg zu nichts führen und das Land nur noch weiter im blutigen Chaos versinken würde. Sie nahmen das Angebot der USA an, die Seiten zu wechseln, sich der fanatischen Ausländer zu entledigen, die aus der arabischen und muslimischen Welt gekommen waren, um im Namen der Religion und Osama Bin Ladens gegen die Amerikaner zu kämpfen. US-Truppen, die eben noch gegen die sunnitischen Gruppen gekämpft hatten, begannen nun, diese auszubilden, zu bewaffnen und zu bezahlen.

Eingliederung in Streitkräfte fraglich


Dass nicht wenige dieser Männer in der Bevölkerung als Kaida-Kämpfer bekannt waren, tat der Zusammenarbeit keinen Abbruch. Nur in schiitischen Kreisen - bis in die Regierung - war man lange misstrauisch, ob diese Wandlung vom Saulus zum Paulus anhalten würde oder ob die nun scheinbar geläuterten Mitglieder des "Erwachens" ihre Waffen nicht doch eines Tages wieder gegen irakische Mitbürger richten würden. Um das zu verhindern und um den nationalen Aussöhnungsprozess voranzutreiben, hat die Regierung Maliki sich nun bereiterklärt, die Verantwortung für die Al-Sahwa-Milizen zu übernehmen. Bisher steht offenbar aber noch nicht fest, ob und wann die "Sahwa" in die regulären irakischen Streitkräfte integriert werden können.