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Bergmann war einmal

4. Januar 2010

Als Paul Georgi 1976 erstmals unter Tage fuhr, gab es im Steinkohlebergbau im Ruhrgebiet noch mehr als 150.000 Beschäftigte. Der Bergbau ist Vergangenheit. Heute kümmert sich Georgi um denkmalgeschützte Anlagen.

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Förderturm Quelle: DW
2015 soll endgültig Schluss sein mit dem BergbauBild: DW

Paul Georgi ist ein Kind des Ruhrgebiets. Der Bergbau wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Der 50-Jährige erblickte im Gelsenkirchner Stadtteil Buer das Licht der Welt. In Sichtweite der Kohlengrube. "Der Opa war auf dem Pütt, die Geschwister waren auf dem Pütt, das Bergwerk stand direkt am Ende des Gartens, man schaute auf den Förderturm", erinnert sich der Ex-Bergmann. Er steht vor seinem Elternhaus in einer typischen Bergarbeitersiedlung. Hier hat Paul Georgi in seiner Jugend seine erste Zigarette gepafft, während am Horizont die Schlote qualmten.

Gerd Georgi vor seinem Elternhaus in Gelsenkirchen (Quelle: DW)
Früher rauchten hinter Paul Georgis Elternhaus die SchloteBild: DW

Auf der Zeche Hugo, oder dem, was noch von ihr übrig geblieben ist, weht an diesem Dezembermorgen ein eisiger Wind. Dort hat Paul Georgi im Jahr 1976 seine Ausbildung begonnen. Geblieben sind Baracken, der denkmalgeschützte Förderturm des Schachts und jede Menge Brachland.

Schicht im Schacht

Viele Jahre lang bietet der Steinkohlebergbau Paul Georgi ein gutes Einkommen. Nach der Ausbildung arbeitet der junge Mann einige Jahre in der Kohleförderung. Dann bildet er sich zum Elektrotechniker fort und wird schließlich Reviersteiger über Tage.

Quelle: DW
Georgi macht stillgelegte Zechen für die Öffentlichkeit erlebbarBild: DW

"Mir hat die Arbeit immer Spaß gemacht und von daher bin ich immer so weiter geklettert", sagt Georgi. Er wählt eine Karriere in einer Branche, in der die Zukunftsperspektiven bereist düster geworden sind. Das große Zechensterben in Deutschland setzt spätestens Mitte der achtziger Jahre ein. Als die Bergleute massenhaft zu demonstrieren beginnen, wird die Steinkohleförderung nur noch mit Hilfe von Subventionen aufrecht erhalten.

Doch die Abwicklung einer ganzen Branche, die Deutschlands rasanten Wirtschaftsaufschwung nach dem 2. Weltkrieg überhaupt erst möglich gemacht hat, vollzieht sich sozialverträglich. Kaum einer "fällt ins Bergfreie", wie die Bergleute sagen, wird also nicht von heute auf morgen arbeitslos.

Auch für Paul Georgi geht es weiter, er wird 1995 bei der Betriebsdirektion für die Sanierung von Stillstandsbetrieben angestellt. Später wird er als Abteilungsleiter für die technisch saubere Abwicklung von Bergbaubetrieben zuständig.

Bergmann aus Leidenschaft

Quelle: AP
Kinder rodeln vor der stillgelegten Zeche HugoBild: AP

Heute begeht Georgi die denkmalgeschützten Anlagen des Revierbergbaus in seiner neuen Funktion als technischer Leiter der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur. Die Stiftung erhält mit öffentlichen Geldern und aus Mitteln der Steinkohleindustrie denkmalgeschützte Anlagen und macht sie für die Öffentlichkeit erlebbar.

Georgi ist für den Bereich Technik zuständig, denn Denkmalpflege im Kohlenpott kommt ohne versierten Sachverstand nicht aus. Doch weil Georgi immer auch ein Bergmann aus Leidenschaft war, erklärt er Interessierten auch, was sonst unweigerlich an Kulturwissen verloren ginge: zum Beispiel die typische Schwarzkaue, in der die schmutzigen Arbeitskittel der Bergleute in Körben von der Decke hingen.

Als Museumsführer fühlt sich Paul Georgi in seiner neuen Funktion dennoch nicht. Er ist vielmehr froh, mit 50 Jahren noch nicht "zum alten Eisen" zu gehören, sondern etwas Neues anfangen zu können. "Ich sehe mich eher als Erhalter und Instandhalter. Schließlich erkenne ich doch jedes Fördergerüst im Vorbeifahren und da ist diese Aufgabe eine interessante und gute Herausforderung."

Autor: Daniel Scheschkewitz

Redaktion: Sabine Oelze