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Vom Eisenbahner zum Premierminister

1. Juli 2002

– Portrait des slowakischen Ministerpräsidenten Mikulas Dzurinda

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Prag, 27.6.2002, PRAGER ZEITUNG, deutsch, Lubos Palata

Mikulas Dzurinda kannte noch Mitte der 90er Jahre kaum jemand und niemand ahnte, dass aus diesem Eisenbahner und leidenschaftlichen Marathonläufer innerhalb von zwei Jahren eine Schlüsselfigur der slowakischen Politik wird.

Der 1955 geborene Dzurinda arbeitete nach seinem Studium an der Hochschule für Verkehrswesen in Zilina zunächst im Forschungsinstitut für Verkehr und danach im Verkehrsministerium. Anfang der 90er Jahre ging er in die Politik und wurde für die Christdemokratische Bewegung (KDH) Parlamentsabgeordneter und nahm in der nur einige Monate regierenden Anti-Meciar-Koalition 1994 den Verkehrsministerposten ein. Zwei Jahre später unterlag er als Kandidat des liberalen Reformflügels bei der Wahl zum Parteivorsitzenden der KDH.

Auf der politischen Szene tauchte er als Sprecher und darauffolgend als Vorsitzender der Slowakischen Demokratischen Koalition (SDK) wieder auf, die in sich den Mitte-Rechts-Teil der Anti-Meciar-Parteien sammelte. Daraufhin führte er die SDK zum Sieg, genauer, zu einer sehr knappen Niederlage gegenüber der HZDS des kontroversen ehemaligen Premierministers Vladimir Meciar.

Das Ergebnis der SDK ermöglichte letztlich die Zusammensetzung einer breiten Regierungskoalition aus linken und rechten Parteien ohne Beteiligung der HZDS. Dzurinda wurde Premier. Nach seinem Amtsantritt weigerte sich der neue Premier, die SDK wieder in die einzelnen Gründungsparteien aufzulösen, wie es ursprünglich vereinbart war.

Stattdessen gründete er zusammen mit der Mehrzahl der Schlüsselminister anstelle der SDK seine eigene Partei, die "Slowakische christliche und demokratische Koalition" SDKU. Diese wurde die zweitstärkste Partei in der Slowakei, hat aber im Laufe der Zeit ihre Popularität verloren. Sie ist aber bis heute mit neun Prozent nach der "Partei der ungarischen Koalition" (SMK) die stärkste rechtsorientierte politische Gruppierung in der Slowakei.

Dzurinda zeichnet eine Verhandlungskunst aus, mit der er die unzusammenhängende Regierungskoalition zusammengehalten hat. Außerdem hat seine Regierung es geschafft, die Slowakei aus der Isolation vor die Tore der NATO und der EU zu führen. Viele Stimmen sagen aber auch, dass es Dzurinda nicht gelungen ist, die Korruption und die Bedienung von Klientelinteressen einzuschränken.

Das große Hobby des Premierministers ist der Marathon. Er ist in Prag und in New York gelaufen. Sein Rekord liegt bei zwei Stunden 50 Minuten - was eine sehenswerte Leistung ist. (ykk)