Thomas Demand ist ein Global Player der Kunstszene.
18. September 2009Thomas Demand ist ein Bildhauer mit Kamera. Er bewegt sich vom Zweidimensionalen zum Dreidimensionalen und wieder zurück zum Zweidimensionalen. Mit Papier, Pappe und Kleber baut er Orte nach, die durch die Medien gegangen sind. Die Badewanne, in der der Politiker Uwe Barschel tot aufgefunden wurde, das Studio, in dem jahrzehntelang die Quiz-Sendung "Was bin ich?" aufgenommen wurde, die "Tosa-Klause", eine Kneipe, die ins Gerede gekommen ist, weil dort vor acht Jahren der fünfjährige Pascal von Stammgästen missbraucht worden sein soll. Die Bilder sind menschenleer, gerade das macht sie zur unheimlichen Projektionsfläche. Banale Räume werden mit Geschichte und Geschichten aufgeladen, sie rufen Erinnerungen wach an Ereignisse, die sich in unser kollektives Mediengedächtnis eingebrannt haben. "Büro" (1995) heißt ein Foto, das die Stasi-Zentrale in Berlin zeigt, nachdem sie von DDR-Bürgern gestürmt wurde.
Thomas Demand (geboren 1964 in München) ist Kulissenbauer, Chronist, Vergangenheitsbewältiger und einer der weltweit anerkanntesten Künstler. Vor vier Jahren stellte er seine simulierten Bildwelten im New Yorker Museum of Modern Art aus. Allein fünf Galerien sorgen dafür, dass seine großformatigen Fotografien bis nach Japan verkauft werden. Die Ausstellung in Berlin, die schlicht und zugleich bedeutungsschwanger "Nationalgalerie" heißt, zeigt 40 neue und zum Teil noch nie gezeigte Werke, die Szenen aus Deutschland zum Thema haben. Sie fragen nach der Authentizität von Bildern und stellen unser Mediengedächtnis auf die Probe.
Beim ersten Hinsehen wirken die Bilder wie echte "Tatort-Fotografien". Die Motive sind hinlänglich bekannt. Und doch tilgt Thomas Demand ihre Historizität. Die Fotografien taugen nicht zum Zeitzeugen: die Blätter, die im Stasi-Büro auf dem Boden liegen, sind weiß. Bilder sind Bilder und nie Abbilder des Realen, das wissen wir spätestens seit der digitalen Revolution.
Autorin: Sabine Oelze
Redaktion: Elena Singer