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Vom Büroboten zum E-Government

Rolf Wenkel16. März 2002

Beim E-Government, der Digitalisierung von Verwaltungsabläufen öffentlicher Dienstleistungen für den Bürger, liegt Deutschland in der EU auf Platz zehn. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern.

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Digitale Verwaltung statt AktenbergeBild: AP

Die Europäische Beobachtungsstelle für Informationstechnik (EITO) hat herausgefunden, dass die Investitionsausgaben Deutschlands in diesem Bereich, gemessen an seiner Wirtschaftskraft, weit hinter denen anderer Länder hinterherhinken.

Mit 11,4 Milliarden Euro lag Deutschland im vergangenen Jahr zwar in absoluten Zahlen hinter Großbritannien und Frankreich auf Platz drei, gemessen an der Wirtschaftskraft aber müssen sich Deutschlands Verwaltungen mit weniger begnügen als zum Beispiel Dänemark, Finnland, Österreich oder Spanien. Schlimmer noch: "Sogar ehemalige Schwellenländer wie Estland oder Lettland haben inzwischen modernere Online-Verwaltungen," spöttelt die Hamburger Unternehmensberatung Mummert und Partner. Und sie ist davon überzeugt, dass entgegen den Zielen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, alle öffentlichen Dienstleistungen bis zum Jahr 2005 Online zu stellen, das virtuelle Rathaus nicht vor dem Jahr 2006 zu erwarten ist.

E-Mail statt Bürobote

Auf einem Forum der Norddeutschen Landesbank und der Darmstädter Software AG auf der Computermesse CeBIT in Hannover umriss Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel, wie es um Deutschlands Verwaltungen heute steht und wohin die Reise gehen soll. Die Information des Bürgers über das Internet sei heute kein Thema mehr, sagte Gabriel. Inzwischen habe fast jede Gemeinde in Deutschland eine eigene Webseite. Bei der Kommunikation, zum Beispiel dem Austausch von E-Mails zwischen Beamten und Bürgern, sehe es dagegen schlechter aus: Während der Bürobote, der die Akten per Wagen durch Verwaltungsgebäude schiebe, im Haushaltsplan stehe, hätte man für die elektronische Datenverarbeitung eine neue Kostenstelle einrichten müssen. "Und da die öffentlichen Haushalte unter enormen Sparzwängen stehen, ist die Entscheidung klar: Da wir den Büroboten schon haben, was sollen wir da Neues einführen", sagte Gabriel. "Das führte dazu, dass bei uns die Einrichtung von E-Mail viel länger gedauert hat als in Unternehmen."

Neben der oft zitierten Beamtenmentalität als Hindernis für den Einführung moderner Kommunikation kommen andere Probleme: Deutschland hat eine föderale Struktur und keine zentrale Verwaltung von der Hauptstadt aus. Das bedeutet aber auch, dass in jeder Gemeinde, in jedem Bundesland und auf jeder Behördenebene fleißig an digitalen Lösungen gearbeitet wird. Leider passen diese häufig nicht zueinander, wodurch ein digitaler Flickenteppich entsteht.

Langer Weg zum "One Stop Government"

Während die Information und Kommunikation von Behörden mit dem Bürger verbessert wurde, bleibt noch viel zu tun, sagte Gabriel: "Viel wichtiger ist die Frage der Transaktion. Also nicht runterladen, ausdrucken, ausfüllen und dann den Antrag per Post hin schicken, um einen Hausbau zu organisieren." Stattdessen müsse der elektronische rechtsverbindliche Austausch von Dokumenten ermöglicht werden. Allerdings steht man dabei Gabriel zufolge noch am Anfang.

Für die Bürger spielt es nach Auffassung des niedersächsischen Regierungschefs keine Rolle, wer wie ihre Anliegen erledigt: "Das einzige, was sie möchten, ist, dass das möglichst schnell, effizient und nach ihren Vorstellungen bearbeitet wird." Mit anderen Worten: Ideal wäre ein einziges öffentliches Internetportal, auf dem die Bürger ihre Anliegen an die Behörden loswerden können. "One Stop Government" nennt Gabriel diese Vision. Doch die wird wohl noch etwas länger auf sich warten lassen als bis zum Jahr 2005, dem Jahr, ab dem nach dem Willen des Kanzlers die Bits laufen sollen, und nicht die Bürger.