Volles Sorgerecht für unverheiratete Väter geplant
4. Juli 2012Leitbild des Entwurfs sei, dass grundsätzlich beide Eltern die Sorge gemeinsam tragen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht, sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach der Kabinettsentscheidung. Für ein Kind seien grundsätzlich beide Eltern wichtig und es solle nach Möglichkeit auch beide Elternteile als gleichberechtigt erleben. Ein gemeinsames Sorgerecht galt bislang nur, wenn Vater und Mutter verheiratet sind oder sich beim Jugendamt für die gemeinsame Sorge entscheiden.
Vereinfachtes Verfahren geplant
Grundsätzlich bleibt das Sorgerecht bei unverheirateten Paaren zunächst bei der Mutter. Anders als bislang soll der Vater die Mitsorge nun aber auch gegen den Willen der Mutter durchsetzen können. Hierfür muss er einen Antrag an das Familiengericht stellen. Äußert sich die Mutter innerhalb von sechs Wochen nicht zu dem Antrag, würde das Gericht dem Vater das Mitsorgerecht in einem vereinfachten Verfahren gewähren. Gleiches gilt, wenn die Mutter für ihren Anspruch auf alleiniges Sorgerecht Gründe vorlegt, die nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben: Beispielsweise, dass sie nur eine kurze Beziehung zum Vater des Kindes gehabt hatte oder keinen Kontakt zu ihm wünscht. #video#
Die Regierung zieht mit dem Gesetzentwurf Konsequenzen aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts. Sie hatten das Veto-Recht nicht verheirateter Mütter in Sorgerechtsfragen beanstandet und Reformen gefordert.
Jedes dritte Kind in Deutschland kommt außerehelich zur Welt
Der Anteil außerehelich geborener Kinder hat sich seit 1995 mehr als verdoppelt: Jedes Dritte Kind in Deutschland wird von einer unverheirateten Mutter geboren. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger argumentiert, dass deshalb ein modernes Sorgerechtssystem notwendig ist, das die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt.
Die SPD kritisierte die geplante Sorgerechtsänderung. Für die Mutter sei es eine Zumutung, unmittelbar nach der Geburt eine Stellungnahme abgeben zu müssen, sagte SPD-Fraktionsvize Christine Lambrecht. Noch problematischer sei es, dass das Familiengericht alleine entscheide, sollte die Mutter binnen sechs Wochen nicht auf den Antrag reagieren.
fi/ml (dpa, dapd, epd)