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Drogenschock für die Grünen

3. März 2016

Seit mehr als 20 Jahren im Bundestag kämpfte der Grünen-Politiker gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und für die Homo-Ehe. Nun gibt es Drogen-Vorwürfe gegen ihn. Seine Partei ist entsetzt.

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Volker Beck im Bundestag (Archivbild:dpa)
Er ging keinem Streit aus dem Weg - Volker Beck im Bundestag (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Umgehend und so gar nicht kampfeslustig, wie er sonst oftmals auftrat, hat Volker Beck reagiert. Nur wenige Stunden, nachdem bekannt geworden war, dass die Berliner Polizei ihn wohl mit Drogen ertappt hat, stellte er seine Ämter als innen- und religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion und als Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe zur Verfügung. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen werde sein Anwalt zu gegebener Zeit eine Erklärung abgeben, teilte der 55-Jährige knapp auf seiner Homepage mit. Und er verwies noch darauf, er habe immer eine liberale Drogenpolitik vertreten.

Die Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte den Fund eines verdächtigen Stoffs bei dem Grünen-Politiker. Beck sei bei einer Polizeikontrolle in Berlin mit 0,6 Gramm "einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz" aufgefallen, erklärte der Sprecher der Behörde, Martin Steltner. Danach wurde Beck am Dienstagabend gegen 23.00 Uhr am Berliner Nollendorfplatz von Polizisten kontrolliert. Dabei wurde der verdächtige Stoff sichergestellt. Ob es sich tatsächlich um die synthetische Droge Crystal Meth handelte, wie die "Bild"-Zeitung erfahren haben will, blieb zunächst offen.

Noch keine Ermittlungen gegen Beck

"Wir können noch nicht klar sagen, was es ist", sagte Steltner. "Das muss noch untersucht werden." Laut Steltner gibt es einen Anfangsverdacht gegen Beck. Derzeit werde aber nicht gegen ihn ermittelt, betonte er und verwies auf die Immunität des Politikers, die ihn als Bundestagsabgeordneter vor Strafverfolgung schützt. Die Staatsanwaltschaft kann aber die Aufhebung beim Bundestag beantragen, in der Regel wird einem solchen Antrag zugestimmt.

Crystal Meth gilt als gefährliches Rauschmittel. Die synthetische Substanz wird meist geschnupft oder inhaliert. Im Sommer 2014 hatte ein ähnlicher Fall - ein Crystal-Meth-Fund bei dem SPD-Abgeordneten Michael Hartmann - bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.

Grüne sind geschockt

Der Abgang Becks und vor allem der Grund hierfür trifft die Grünen hart - vor den so wichtigen Landtagswahlen am 13. März. Beck gehört zwar nicht zur ersten Reihe, aber er ist ein Aushängeschild der Menschenrechtspartei und eine beliebte Zielscheibe der Konservativen.

Die Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, äußerte sich denn auch extrem schmallippig. "Wir nehmen die persönliche Entscheidung von Volker Beck mit Respekt zur Kenntnis und werden das Gespräch mit ihm suchen", erklärte sie. "Zum Sachverhalt kann ich nichts sagen. Da gilt es, die Ermittlungen abzuwarten."

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem Sender n-tv, Crystal Meth sei sicher "keine ganz einfache Droge". "Es ist immer bedauerlich, wenn jemand solche Drogen zu sich nimmt." Beck werde sich darum bemühen müssen, Unterstützung zu erhalten, "dass er von den Drogen wegkommt".

Volker Beck sitzt seit 1994 für die Grünen im Bundestag. Bis 2002 war er rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion, danach - bis 2013 - Parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer. Anschließend hatte er den Posten als innen- und religionspolitischer Sprecher übernommen und 2014 das Amt als Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe.

Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden

Beck, der sich als nicht organisierter Christ bezeichnet, engagierte sich für die Rechte Homosexueller. Er kämpfte auch vehement gegen Antisemitismus und setzte sich für die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern ein. Dafür erhielt er 2015 den Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland.

In letzter Zeit zielte die Kritik des wortgewandten Grünen-Politikers Richtung Rechtspopulisten und Pegida-Anhänger. Dafür wurde er mit Hassmails überschüttet. Beck erstattete Strafanzeige gegen Pegida.

Nun könnte ihm selbst eine drohen. Wenn der Bundestag seine Immunität als Abgeordneter aufhebt.

se/SC (dpa, volkerbeck.de)