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Vogelstimmen im Computertest

4. Juni 2010

Wie lockt ein Kanarienvogel sein Weibchen zur Paarung? Durch die Schönheit seines Gesangs, sagt ein Vogelforscher aus Bayern. Besonders angesagt im tierischen Song Contest: kurze, schnelle Tonfolgen über alle Oktaven.

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Kanarienvogel auf der Stange (Foto: DW-TV)

"Im Vogelgesang sind geheime Botschaften versteckt." Zuerst war das nur eine These, jetzt hat Stefan Leitner herausgefunden, was dahinter steckt, zumindest bei Kanarienvögeln. Der Ornithologe steht mitten im Vogelkäfig, um ihn herum sitzen und flattern etwa dreißig Kanarienvögel. Sie zwitschern, was die Lungen hergeben. Leitner hält ihnen ein Richtmikrofon vor die Schnäbel und versucht, den Vogelgesang möglichst gut mit seinem Audiorekorder aufzuzeichnen.

Stefan Leitner mit Mikrofon im Vogelkäfig (Foto: DW-TV)
Auf Stimmenfang: Stefan Leitner hält sein Mikrofon dorthin, wo es am Lautesten zwitschert.

Kanariensongs in der Computeranalyse

Dass Vogelgesang immer auch einen Nutzen hat, weiß die Wissenschaft schon länger. Leitner, Forscher am Max-Planck-Institut für Ornithologie im bayerischen Seewiesen, erklärt, dass das melodische Zwitschern eine wichtige Rolle bei der Partnerwahl spielt: "Die Weibchen können ermessen, wie stark oder wie gut das Männchen ist." Außerdem helfe der Gesang, das Territorium gegen andere Männchen zu verteidigen.

Frequenz eines Kanareinvogelgesangs Foto: DW-TV
Mit diesem Tönen könnt's was werden: So sehen sexy Töne aus

Weil Kanarienvögel als besonders gute Sänger gelten, hat Leitner ihre Lieder am Computer untersucht. Dabei sind ihm einige Silben der Kanariensongs besonders aufgefallen. "Sie setzen sich aus ein, zwei oder auch mehreren Tönen zusammen, werden sehr schnell gesungen und verfügen über einen hohen Frequenzbereich."

Sexy Silben - das Geheimnis des Erfolgs

"Sexy Silben" hat Leitner diese Tonfolgen getauft. Denn seine Beobachtungen haben ergeben: "Die Kombination 'schnell', 'komplex' und 'hoher Frequenzbereich' löst bei den Weibchen eine kopulationsauffordernde Stellung aus."

Ei eines Kanareinvogelweibchens wird gemessen (Foto: DW-TV)
Sie werden tatsächlich größer durch erotischen Gesang: die Eier eines Kanarienvogelweibchens.

Der Trick funktioniert nicht nur im Vogelkäfig, sondern auch bei frei lebenden Kanarienvögeln. Leitner und seine Arbeitsgruppe wollten wissen, wann und wie die Tiere die hohe Kunst des Gesangs lernen. Überraschendes Ergebnis der Untersuchungen: Es funktioniert so ähnlich wie beim Menschen.

Lernen im Kindesalter

"Wie bei kleinen Kindern aus dem Gebrabbel langsam richtige Wörter werden, so wird auch bei Vögeln aus Gebrabbel ein schöner Gesang." Im Unterschied zu Kindern, bei denen das mehrere Jahre dauert, brauchen Kanarienvögel-Junge gerade mal zwei Monate.

Und die Tiere haben allen Grund, ihre Songs mit den "Sexy Silben" besonders gut zu lernen, fanden die Forscher heraus. Denn als sie den Kanarienvögeln die aufgezeichneten Gesänge vorspielten, hatte das eine unerwartetet Wirkung: Die Weibchen legten vor Begeisterung auch noch größere Eier.

Autor: Tilman Wolff, Klaus Dartmann
Redaktion: Judith Hartl


Ein Video dazu finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Projekt Zukunft, dem Wissenschaftsmagazin auf DW-TV.

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