1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Virtuelle Hochschule: Man wird nicht einsam, sondern schlauer

Vladimir Müller7. Juni 2006

Die traditionelle Hochschule wird verschwinden, besagt eine Studie aus dem Jahr 2000: Schon 2005 werde die Hälfte der Studierenden nur noch "virtuell" lernen, hieß es. Eine vorschnelle Prophezeiung, wie sich gezeigt hat.

https://p.dw.com/p/8Zrt
Leere Hörsäle brauchen deutsche Unis noch nicht zu fürchten - trotz E-LearningsBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Das Wort "virtuell" bezeichnet in der Regel etwas Irreales, und in der Tat: Zu besichtigen ist die Virtuelle Hochschule Bayern nicht. "Ganz real sind aber die vielen Nutzer, die die Virtuelle Hochschule aus dem Kreis der Studierenden unserer Trägerhochschulen hat", erklärt Paul Rühl, Geschäftsführer der vor sechs Jahren gegründeten VHB, die eine Verbundeinrichtung aller 36 Universitäten und Fachhochschulen Bayerns ist. Alle Studierenden dieser Hochschulen können das Angebot der VHB entgeltfrei nutzen. Die Aufgabe der Virtuellen Hochschule ist es dabei nicht - wie bei Fernuniversitäten -, ganze Studiengänge virtuell zu vermitteln. Vielmehr soll das Lehrangebot der Präsenzhochschulen ergänzt werden.

Dazu muss eine Vorlesung - eventuell so wie sie im Hörsaal vorgetragen wird - sowohl abgefilmt als auch als Text im Netz zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig wird zu dieser Vorlesung ein Tutorium angeboten. Es gibt aber noch andere Formen des E-Learnings. So arbeiten beispielsweise unter der Leitung eines Tele-Tutors kleine Gruppen von Studierenden an unterschiedlichen Orten, jeder an seinem Ort über das Netz zusammen und erstellen gemeinsam eine Seminar-Arbeit, die sie dann über das Netz der Gesamtgruppe vorstellen und diskutieren. "Und es gibt am Ende für diese Studienleistung auch, genau wie in einem herkömmlichen Seminar in einer Präsenzhochschule, eine Note", weiß Paul Rühl.

Symbolbild Computer, Blog
Lernen am Computer ist für viele Studierende ein interessantes ZusatzangebotBild: picture-alliance/dpa/DW

Prüfungen per Videokonferenz

Wie will man aber gewährleisten, dass bei Online-Prüfungen nicht geschummelt wird? In einigen Fächern ist das kein Problem, wenn die Online-Prüfung nur eine Art Vorprüfung darstellt. Die endgültige Prüfung, das Staatsexamen, wird wie bisher als Präsenz-Prüfung abgenommen, zum Beispiel in Medizin oder in Jura. In einigen Fällen gibt es Prüfungen im Rahmen eines Videokonferenz-Systems, das allerdings relativ aufwändig ist. Inzwischen kann man aber auch ohne Video-Schaltung überprüfen, ob jemand, der am Computer sitzt und bestimmte Dinge eintippt, auch wirklich eine ganz bestimmte Person ist.

"Es gibt biometrische Verfahren, mit denen ich beispielsweise die Tippgeschwindigkeit und den Tipprhythmus eines Menschen so genau ermitteln kann, dass ich den wieder erkenne unter Millionen von anderen Menschen, die etwas eintippen", erläutert Paul Rühl. Die Vorteile der virtuellen Studienform liegen auf der Hand: Immer mehr Studierende sind aufgrund von sozialen oder familiären Umständen gezwungen, flexibel zu disponieren. Sei es, weil sie jobben, Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige haben.

Umfangreiches Angebot - von Jura bis Pädagogik

"Da ist es ausgesprochen günstig, wenn man bestimmte Teile nicht im Präsenzstudium zu einer fest fixierten Zeit machen muss, sondern wenn man die Flexibilität des Learning über Netzstützung wahrnehmen kann", erklärt der Präsident der Virtuellen Hochschule, Professor Godehard Ruppert. Das Angebot ist inzwischen recht umfangreich: Von den Fächern Informatik und Ingenieurwissenschaften oder Medizin bis zu Pädagogik und Rechtswissenschaften.

Und dieses Angebot wird auch fleißig genutzt. Im letzten Wintersemester waren es bayernweit schon mehr als 9.000 Studierende, die in 167 Kursen mehr als 25.000 Belegungen vorgenommen haben - trotz anfänglicher Vorbehalte, vor allem wegen der Furcht vor einer angeblichen Vernachlässigung sozialer Kontakte im Studium. Elvira Schulze, die Pädagogik, Psychologie und Kunstgeschichte studiert, fühlt sich durch das E-Learning nicht vereinsamt: "Ich habe nach wie vor genug Kontakt zu anderen Studierenden und auch in meiner Freizeit, zu meinen Freunden, meiner Familie. Also einsam wird man dadurch nicht. Man wird nur schlauer."