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Konflikte

Libyen: Tote durch Angriff auf Flüchtlingsboot

21. Oktober 2016

Bewaffnete auf einem Boot mit der Aufschrift "Libysche Küstenwache" haben Flüchtlinge in einem Schlauchboot attackiert - und damit schiere Panik ausgelöst. Ob es tatsächlich libysches Militär war, ist aber noch unklar.

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Die "Sea-Watch 2" im Hamburger Hafen(Foto: picture-alliance/dpa/A. Heimken)
Die "Sea-Watch 2" im Hamburger Hafen (Aufnahme vom 22.März 2016)Bild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Bei einem bewaffneten Angriff auf ein Flüchtlingsboot vor der Küste Libyens sind nach Angaben der deutschen Hilfsorganisation Sea Watch mindestens vier Menschen getötet worden. 15 bis 25 weitere Flüchtlinge würden noch vermisst, sagte ein Sprecher der Organisation in Rom.

Flüchtlingsboot mit rund 150 Menschen völlig überladen 

Die Besatzung eines Speedbootes mit der Aufschrift "Libysche Küstenwache" habe das völlig überladene Schlauchboot mit etwa 150 Menschen an Bord geentert und sei mit Knüppeln auf die Passagiere losgegangen, erklärte die Hilfsorganisation weiter. Offenbar wollten diese den Motor des Bootes abnehmen. Dadurch sei Panik ausgebrochen, sagte Sea Watch-Sprecher Ruben Neugebauer der DW. Das Boot sei umgekippt, und der Großteil der Menschen ins Wasser gerutscht.

Die italienische Küstenwache rief dann laut Sea Watch ein Rettungsschiff der Organisation - die "Sea-Watch 2" - zu Hilfe. Dessen Besatzung habe sich zwar bemüht, möglichst viele Flüchtlinge zu retten, bei einer zweistelligen Anzahl von Menschen sei dies jedoch nicht gelungen. Denn die Bewaffneten hätten auch die "Sea-Watch 2" bedrängt und damit die Ausgabe von Rettungswesten an die Flüchtlinge verhindert.  

Vier Leichen seien bereits geborgen worden, so die Helfer weiter. Es seien aber deutlich mehr tote Menschen im Wasser getrieben, sagte Pressesprecher Neugebauer der Deutschen Welle. Diese konnten aber nicht mehr an Bord genommen werden.  "Die Crew war vor allem damit beschäftigt die Überlebenden zu bergen", sagte der Sprecher. Vier bewusstlose Opfer des Zwischenfalls würden derzeit medizinisch versorgt. 120 Flüchtlinge seien gerettet worden und befänden sich nun an Bord der "Sea-Watch 2".

"In dieser Form war das der erste Vorfall", sagte Neugebauer. " Aber es gab immer mal wieder unterschiedliche Zusammentreffen mit der libyschen Küstenwache. Das Problem ist: Es sind immer unterschiedliche Gruppen und wir wissen nicht, mit wem wir es letztendlich zu tun haben und welche Interessen da mit rein spielen." 

Libysche Marine weiß von nichts

Ein Sprecher der libyschen Marine in Tripolis erklärte, er habe nichts von dem Vorfall gehört. Auch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr erklärte, die deutsche Marine habe bisher keine Erkenntnisse zu dem Vorfall. Die Bundeswehr beteiligt sich mit der Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern", dem Versorgungsschiff "Werra" und knapp 300 Soldaten am EU-Einsatz "Sophia" zur Rettung von Flüchtlingen und der Bekämpfung der Schleuserkriminalität vor der libyschen Küste.

Sea Watch ist eine gemeinnützige Initiative, die sich der zivilen Seenotrettung von Flüchtenden verschrieben hat. Die Organisation entstand Ende 2014 aus einer Freiwilligen-Initiative und wird durch private Spenden finanziert. 

sti/kle (afp, epd, rtr)