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Rotes Kreuz warnt vor Katastrophe in Aleppo

28. April 2016

Schwerer Schlag für die Friedensbemühungen: Ausgerechnet eine Klinik wurde in der syrischen Stadt Aleppo getroffen - und das mit voller Absicht, wie Hilfsorganisationen vermuten. Die Regierung weist jede Schuld von sich.

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Menschen inmitten von Trümmern in Aleppo (Foto: Getty Images/AFP/A. Alhalbi)
Überlebenskampf inmitten der Trümmer: Aleppo nach den jüngsten AttackenBild: Getty Images/AFP/A. Alhalbi

Syrien: neue Luftangriffe auf Aleppo

Bei Luftangriffen auf ein Krankenhaus im Rebellengebiet der nordsyrischen Stadt Aleppo wurden nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 27 Menschen getötet. Unter den Opfern seien auch drei Kinder und der letzte in den Rebellenvierteln praktizierende Kinderarzt, teilte die oppositionsnahe Organisation mit Sitz in Großbritannien mit. Der Angriff sei nicht versehentlich, sondern zielgerichtet erfolgt, da der Standort der Klinik allgemein bekannt sei.

Später sprach die Beobachtungsstelle von mindestens 20 weiteren Todesopfern durch Attacken aus der Luft, die dem Rebellengebiet galten. Im Gegenzug hätten Granaten der Rebellen mindestens 14 Menschen auf der anderen Seite der Front getötet. Die Angaben sind von unabhängiger Seite kaum überprüfbar.

Das zerstörte Al-Kuds-Krankenhaus im Osten Aleppos (Foto: Reuters)
Wo eine Notaufnahme und eine Intensivstation standen, ist alles zerstört: Al-Kuds-Krankenhaus im Osten AlepposBild: Reuters/A. Ismail

Das Rote Kreuz warnte angesichts der anhaltenden Gefechte in Aleppo vor einer Katastrophe. Millionen Menschen seien "einer großen Gefahr ausgesetzt". Der Chef der UN-Hilfsoperationen in Syrien, Jan Egeland, sagte, wenn die Kämpfe in diesem Ausmaß weitergingen, könnten die Vereinten Nationen ihre geplanten Hilfsaktionen für 35 belagerte Orte nicht umsetzen. Alle Erfolge bei der Versorgung der notleidenden Bevölkerung könnten wieder zunichte gemacht werden.

Ärzte unter Feuer

"Keine andere Gruppe wird so unter Feuer genommen wie Ärzte und Sanitäter", sagte Egeland. Auch würden Ärzte daran gehindert, Verletzten und Kranken zu helfen. Die syrische Armee wies indes jegliche Schuld am Angriff auf die Klinik in Aleppo von sich. Hierfür trügen die Regierungstruppen keine Verantwortung, hieß es im Staatsfernsehen. Auch das Verteidigungsministerium in Moskau dementierte, dass eigene Kampfflugzeuge an den Bombardements beteiligt gewesen seien. Laut humanitärem Völkerrecht stehen Krankenhäuser unter besonderem Schutz. Zivilspitäler dürften "unter keinen Umständen das Ziel von Angriffen bilden", heißt es in der Genfer Konvention.

Ein Kleinkind wird aus einem eingestürzten Haus in Aleppo geborgen (Foto: Getty Images/AFP/A. Alhalbi)
Rettung aus Ruinen: Ein Kleinkind wird aus einem eingestürzten Haus in Aleppo geborgenBild: Getty Images/AFP/A. Alhalbi

Wie die regierungsnahe Zeitung "Al-Watan" berichtet, bereitet die Regierung eine Großoffensive zur kompletten Rückeroberung von Aleppo und Umgebung vor. Die einstige Wirtschaftsmetropole ist seit Jahren geteilt. In einem Leitartikel hieß es, es sei nun "an der Zeit, eine Schlacht zur kompletten Befreiung von Aleppo zu beginnen". Es sei auch "kein Geheimnis", dass die syrische Armee die Offensive gemeinsam mit ihren Verbündeten vorbereite.

In dem Gebiet im Nordwesten des Landes kämpfen Extremisten der Al-Nusra-Front gegen die Armee von Präsident Baschar al-Assad. Eine im Februar vereinbarte Feuerpause gilt nicht für die Auseinandersetzungen mit der Nusra und der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). Allerdings sind bei Aleppo auch andere Rebellengruppen aktiv. Die Grenzen zwischen ihnen und den Extremisten sind fließend.

Keine Verhandlungen ohne Waffenruhe

Der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura hatte in der Nacht zum Donnerstag die USA und Russland zu einer neuen Friedensinitiative aufgerufen. Erst wenn die seit Tagen anhaltenden Angriffe in Aleppo und anderen Orten aufhörten, könne ein Termin für die Fortsetzung der Genfer Syrien-Gespräche angesetzt werden. Die vor allem auf Drängen Washingtons und Moskaus vereinbarte Feuerpause, die zunächst einige Wochen gehalten habe, sei nun "in großer Gefahr" - sie könne "jederzeit kollabieren".

jj/uh (dpa, afp, rtr)