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Viele Fragen zum Desaster der Hypo Real Estate

28. Juli 2009

Das Finanzdesaster der Immobilienbank Hypo Real Estate hat zur größten staatlichen Rettungsaktion im deutschen Bankenwesen geführt. Doch wie konnte es dazu kommen? Ein Untersuchungsausschuss befragt prominente Zeugen.

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Rotes Ampelmännchen vor Logo der HRE (Foto: dpa)
Eine ungeklärte Frage: Warum haben alle Alarmsysteme bei der Hypo Real Estate versagt?Bild: picture alliance/dpa
Ackermann vor Deutsche-Bank-Logo (Foto: AP)
Josef Ackermann soll seine Sicht des Finanzdesasters der HRE erläuternBild: AP

Dem Ausschuss steht bei einer Befragung am Dienstag (28.07.2009) unter anderem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann Rede und Antwort. Er dürfte vor allem zu dem ersten Rettungspaket in Höhe von 35 Milliarden Euro befragt werden. Es wurde Ende September von Privatbanken, Bundesbank, Finanzaufsicht und Bundesregierung geschnürt, erwies sich aber später als nicht ausreichend. Zudem erhoffen die Abgeordneten von Ackermann und den weiteren prominenten Bankern, die in den kommenden Tagen befragt werden, Klarheit über die Lage der Hypo Real Estate (HRE) vor der Pleite der US-Bank Lehmann Brothers.

Die Abgeordneten werden neben Ackermann den seit Oktober amtierenden neuen HRE-Vorstandschef Axel Wieandt befragen. In den kommenden Tagen müssen zudem Martin Blessing, der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank und Axel Weber, der Chef der Bundesbank, den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.

Einer wurde bereits am Dienstag befragt: Die Beinahe-Pleite der Münchner Immobilienbank war nach Worten von Ex-Finanzstaatssekretär Thomas Mirow Anfang 2008 noch nicht absehbar. Solche Hinweise habe es nicht gegeben, sagte der heutige Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages.

Der Steuerzahler haftete

Der Firmensitz (Foto: dpa)
Die Zentrale der HRE in MünchenBild: AP

Die HRE mit ihren rund 1800 Mitarbeitern war eine der wichtigsten Immobilien- und Pfandbrief-Banken und mit einer Bilanzsumme von mehr als 400 Milliarden Euro eines der größten Kreditinstitute Deutschlands. Sie wurde nach Milliardenverlusten 2008 vom Bund mit Bürgschaften über 102 Milliarden Euro und der Übernahme durch den Bankenrettungsfonds SoFFin vor dem Zusammenbruch bewahrt.

Die Bürger hafteten bei der Pleite der Hypo Real Estate. Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob durch fehlerhaftes Krisenmanagement der Bundesregierung der Steuerzahler belastet wurde und welche Lehren daraus zu ziehen sind. Bei der Untersuchung geht es vor allem um die Frage, ob die Regierung rechtzeitig und angemessen auf die Schieflage der HRE reagiert hat. Untersucht werden sollen auch mögliche Lücken bei der Aufsicht. Geklärt werden soll außerdem, ob zum Zeitpunkt der Bewilligung der ersten Milliarden-Staatsgarantie Ansprüche an frühere HRE- Eigentümer verjährt waren und das Finanzministerium eine Frist verstreichen ließ. Zudem kommt das umstrittene Zitat Steinbrücks nach dem ersten Rettungspaket auf die Tagesordnung, als er zunächst von „geordneter Abwicklung“ des Münchener Instituts gesprochen hatte.

Asmussen: Vom Bankenretter zum Buhmann?

Steinbrück reibt sich die Augen (Foto: AP)
Mit der Kritik an seinem Staatssekretär Asmussen ist er nicht einverstanden: Finanzminister Peer SteinbrückBild: AP

Die Opposition wirft der Bundesregierung vor, sich mit Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen zu spät in die Gespräche eingeschaltet und dann zum Nachteil des Steuerzahlers verhandelt zu haben. Sie fordert den Rücktritt des Staatssekretärs. Nach Ansicht der Opposition gab es früh Hinweise auf die desaströse Lage der HRE. So sei seit Februar 2008 bekannt gewesen, dass das Risikomanagement der HRE unzureichend gewesen sei. Es sei jedoch nicht gehandelt worden. Nach Ansicht des FDP-Abgeordneten Volker Wissing legte der Untersuchungsausschuss Mängel in der deutschen Finanzaufsicht offen: "Der Staat war hier ganz schwach aufgestellt", sagte er. Der Grünen-Abgeordnete Gerhard Schick sagte, es sei ein "Mythos", dass die Lehman-Pleite an allem schuld sei. Die SPD-Abgeordnete Nina Hauer bekräftigte dagegen, die existenzbedrohende Situation der HRE sei aufgrund der nicht vorhersehbaren Pleite von Lehman entstanden. Mängel in der Bankenaufsicht sieht die Abgeordnete nach eigenen Worten ebenso wenig wie Versäumnisse der Bundesregierung bei der Rettung der HRE. Sie warf der Opposition vor, mit dem Thema Wahlkampf zu machen.

Logo der Hypo Real Estate (Foto: AP)
Der Staat musste mächtig Geld in die marode Bank in München pumpen, damit das Geschäft wieder läuftBild: AP

Troost: Akten fehlen

Die drei Oppositionsparteien hatten dem Finanzministerium am Montag vorgeworfen, den Ausschuss unnötig zu behindern. Der Obmann der Linken, Axel Troost, sagte, dem Ausschuss seien 300 angeforderte Akten der Finanzaufsicht noch immer nicht vorgelegt worden. Sollte der HRE-Ausschuss bis zur Konstituierung eines neuen Bundestags nach der Wahl am 27. September keine Ergebnisse vorweisen, verfallen seine bis dahin erhobenen Beweise. (mbö/mas/dpa)