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Viele europäische Ziele im Blick

Monica Frassoni25. Mai 2005

Die Italienerin Monica Frassoni ist die Co-Vorsitzende der Fraktion der Grünen/ Freie Europäische Allianz. Aus der Vielzahl der Verfassungsthemen sind ihr drei zentrale Elemente wichtig.

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Monica Frassoni: Verfassung bringt die EU voranBild: dpa

Artikel zwei und drei der europäischen Verfassung weisen auf das erste Element hin: die Verankerung der Union als Grundrechte- und Wertegemeinschaft. Die Artikel beinhalten einen umfassenden und zukunftsorientierten Katalog an Zielen und Werten.

Nicht nur Europa im Blick

Dieser garantiert die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte. Das sind Gemeinsamkeiten der Mitgliedsstaaten, deren Gesellschaften sich durch Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und Nichtdiskriminierung auszeichnen.


Die Verfassungsziele beinhalten nun die nachhaltige Entwicklung der Erde, wie auch einen umfassenden Friedensauftrag. Sie verpflichten die Union zu einem gerechten Welthandel und zur weltweiten Beseitigung der Armut beizutragen. Das Gebot zur Gleichstellung von Männern und Frauen wurde verstärkt, ebenso die Verpflichtung zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung.

Garantierte Grundrechte


Ein zweites fundamentales Element ist die Aufnahme der Grundrechtecharta in die Verfassung (Teil II der europäischen Verfassung). Die Charta der Grundrechte wird somit vollwertiger Bestandteil des EU-Primärrechts, rechtsverbindlich und garantiert vom Europäischen Gerichtshof.

Zum ersten Mal werden darin die sozialen Rechte zu klassischen Menschenrechten erklärt. Alle Institution der Union, ihr Handeln, wie auch die Anwendung europäischen Rechts durch die Mitgliedsstaaten - werden mit der Charta überwölbt von einem gemeinsamen europäischen Grundrecht.

Mehr Beteiligung der EU-Bürger


Für die Stärkung einer europäischen Demokratie halte ich die Öffentlichkeit der Gesetzgebung für unabdingbar. So wie sie im Artikel 24, Paragraph sechs der europäischen Verfassung festgelegt ist. Dies ermöglicht im Prinzip jedem europäischen Bürger direkt und mittelbar an der Gesetzgebung der europäischen Union teilzunehmen. Gleichzeitig erschwert der Artikel den Ministern der Mitgliedsstaaten die Brüsseler Gesetzgebung, die auf nationaler Ebene oft als unangenehm empfunden wird, verantwortlich zu machen.


Für eine sehr wichtige Neuerung halte ich außerdem die Einführung einer Europäischen Bürgerinitiative im Artikel 47 der europäischen Verfassung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Einigung wird ein direktdemokratisches Element in der Verfassung verankert. Eine Mindestanzahl von einer Million BürgerInnen kann die Kommission auffordern eine Gesetzesinitiative vorzulegen. Die Bedingungen und Verfahren werden durch das Europäische Parlament mitentschieden.

Weniges noch unerfüllt

Nicht einverstanden bin ich an dieser Stelle nur mit Artikel 443, da er meiner Ansicht nach ein grundlegendes Problem der Verfassung darstellt. Er bezieht sich auf das ordentliche Änderungsverfahren. Für jede Änderung der Verfassung, nicht nur des strikt konstitutionellen Teils, bleibt nach wie vor Einstimmigkeit und Ratifizierung durch alle Mitgliedsstaaten nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen Bestimmungen bestehen.

Dem Europäischen Parlament bleibt nach wie vor das Ratifikationsrecht vorenthalten. Dies macht es weiterhin sehr schwierig die Verfassung zu ändern, da ein Veto eines einzigen Landes jeden weiteren Integrationsschritt blockieren kann.