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"Viel schlimmer als erwartet"

Zusammengestellt von Martin Schrader1. April 2003

Die internationale Presse schreibt am Dienstag (1.4.2003) über das Verhältnis Blair-Rumsfeld, die irakische Zivilbevölkerung und die Weltwirtschaft im Krieg.

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Zur US-Kriegsstrategie und der Situation des britischen Premierministers Tony Blair schreibt der linksliberale "Guardian" aus London: "Mit jedem Tag wird deutlicher, dass Premierminister Tony Blair zur Geisel von Donald Rumsfeld geworden ist. Warum Blair unser Schicksal in die Hände dieses unsympathischen Mannes gelegt hat, ist und bleibt ein Rätsel. Außer Zweifel steht dagegen, dass Blair wegen seiner falschen Politik jetzt ohne Wenn und Aber fest an Rumsfeld gebunden ist. Wenn sich herausstellen sollte, dass Rumsfeld definitiv einen Fehler gemacht hat, könnte Blairs Position als britischer Premierminister - und vielleicht sogar die der gesamten Labour-Regierung - Schaden nehmen. (...) Die Schwäche Blairs hat Großbritannien gegen das Völkerrecht und die Diplomatie getrieben, unsere Allianzen zerstört und das Labour-Projekt gefährdet. Wer braucht noch Feinde, wenn er Donald Rumsfeld zum Freund hat."

Die französische Tageszeitung "Liberation" sieht die USA nach den schweren Rückschlägen im Irak nun gezwungen, den Krieg mit jedem Mittel zu gewinnen - ohne Rüchsicht auf die Folgen: "Es ist noch viel schlimmer als vorausgesehen. Der Misserfolg der Militärparade in der Wüste, die die Diktatur doch in einigen Tagen implodieren lassen sollte, ist ein Rückschlag für Donald Rumsfeld. (...) Was mit diesem Rückschlag nun kommt, das ist die Rückkehr zum richtigen Krieg. (...) Denn angesichts des Rückschlags müssen die Regierenden in Washington nun Saddam um jeden Preis aufspüren, auch in seinen Bunkern, die angeblich jeder Bombe standhalten, mit Ausnahme der Atombombe (...)."

Die US-Zeitung "Washington Post" schreibt in ihrer Online-Ausgabe zu den Bemühungen der Alliierten, die irakische Zivilbevölkerung aus den Kämpfen herauszuhalten: "Die militärischen Befehlshaber (der Alliierten) wären gut beraten, ihre Anstrengungen fortzusetzen, zivile Verluste und Leid gering zu halten. (...) Indem sie geduldig (...) vorgehen und nicht-kämpfenden Zivilisten Hilfe anbieten, können sie zeigen, dass der alliierte Einsatz einer ist, der diejenigen (Iraker) belohnt, die jetzt vorsichtig vom Rand des Schlachtfeldes zuschauen - unsicher, ob ihre Befreiung Wirklichkeit ist."

Zu den Auswirkungen des Irak-Krieges auf die Weltwirtschaft schreibt die spanische Zeitung "El Mundo": "Die Hoffnung, ein rascher Sieg von Amerikanern und Briten im Irak-Krieg könnte die Weltwirtschaft neu beleben, ist längst verflogen. Unter den Anlegern macht sich vielmehr ein zunehmender Pessimismus breit. Das Problem besteht nicht in den Kosten des Krieges, sondern in dem Fehlen von Vertrauen in ein System, das immer stärker unter Störungen leidet. Der Fall des Dollars, das Steigen des Ölpreises, die Instabilität der Kapitalmärkte und die internen Probleme von Wirtschaftsmächten wie Deutschland oder Japan bilden eine explosive Mischung. Wenn die Kämpfe im Irak längere Zeit anhalten, droht eine Rezession wie in den 70er Jahren."

Die Moskauer Wirtschaftszeitung "Wedomosti" gewinnt den amerikanischen Vorwürfen wegen angeblicher russischer Rüstungsverkäufe an den Irak eine positive Seite ab: "Es bleibt zu hoffen, dass die Wut der US-Administration und der Medien nach dem Krieg wieder abflaut und sich die Beziehungen bis dahin nicht katastrophal verschlechtern. Danach könnte der Ruf eines 'Lieferanten für Saddam Hussein' Russland eher nutzen, als schaden. (...) Auch ohne die Reklame durch die USA ist klar, dass russische Panzerabwehrwaffen, moderne Artillerie und Luftabwehr mit ihrer Zielerfassung konkurrenzfähig sind. Bislang hat sich die technische Überlegenheit der amerikanischen Waffen im Irak-Krieg noch nicht gezeigt. Potenzielle Käufer könnten bei einer Kosten-Nutzen-Rechnung zu dem Schluss kommen, dass russische Rüstung günstiger ist."