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Viel Gefühl und wenig Inhalt

7. Juli 2010

Der Termin im Weißen Haus hatte vor allem einen Zweck: Den amerikanisch-israelischen Beziehungen wieder einen Anschein von Normalität zu geben. An Oberfläche ist dies gelungen. Christina Bergmann kommentiert.

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Themenbild Kommentar (Foto: dw)
Bild: DW

Sowohl der amerikanischen Präsident als auch sein israelischer Gast wiesen vor allem auf die Gemeinsamkeiten hin. Barack Obama sprach von einer "exzellenten Diskussion" und betonte, dass das Band zwischen den USA und Israel unzertrennlich sei. Benjamin Netanjahu bedankte sich ausdrücklich dafür und lud Obama nach Israel ein. Beide sprachen das Thema an, das die Israelis am meisten bewegt: Die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm.

Zweifel bei genauem Hinschauen

(Foto: dw)
Christina Bergmann, Studio Washington

Bei genauerem Hinschauen fällt aber nicht nur Netanjahus unentspannte Körpersprache auf – auch die Tatsache, dass die kurze Pressekonferenz nur zeitverzögert übertragen wurde, entspricht nicht dem routinemäßigen Ablauf bei dem Besuch eines befreundeten Staatschefs. Außerdem wurden nur wenige Journalisten zu dem Treffen zugelassen und auf der Webseite des Weißen Hauses, wo sonst jede Äußerung des Präsidenten im Livestream zu sehen ist, suchte man eine Information über den Besuch aus Israel vergebens - alles andere als business as usual.

In der Sache gibt es auch nichts Neues zu berichten. Noch immer reden Israelis und Palästinenser nur indirekt über den amerikanischen Unterhändler George Mitchell miteinander. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas weigert sich, direkte Gespräche aufzunehmen, solange die Israelis ihren Siedlungsbau vorantreiben. Denn der von Netanjahu im September auf Druck der USA verkündete Baustopp gilt nicht für Ost-Jerusalem und bereits begonnene Bauvorhaben im Westjordanland. Wenn Obama jetzt erklärt, er hoffe, dass es vor dem Ende dieses zehnmonatigen Moratoriums zu direkten Gesprächen zwischen beiden Seiten kommt, dann ist das nur das kleine Einmaleins der Nahostpolitik: Der baldige Beginn solcher Gespräche würde von der israelischen Seite den Druck nehmen, den Baustopp offiziell zu verlängern. Ob man auf dem Weg zu diesen direkten Gesprächen weiter gekommen ist, darüber jedoch schwieg man sich aus. Dabei war es genau das, was sich die Berater Obamas von dem Treffen erhofft hatten.

Unter Zeitdruck

Im September läuft nun nicht nur das Baustoppmoratorium aus, sondern auch das Mandat der Arabischen Liga für Abbas, die indirekten Gespräche zu führen. Alle Seiten stehen unter Zeitdruck. So wird sich schon bald zeigen, ob Obama und sein Team schlichtweg überhaupt keine Nahost-Strategie haben, wie ihm hier in Washington vielfach vorgeworfen wird, oder ob er es geschafft hat, ein konstruktives Arbeitsverhältnis zu Benjamin Netanjahu aufzubauen. Vermutlich liegt die Wahrheit in der Mitte.

Fest steht: Beide Seiten brauchen einander. Für Obama geht es dabei auch um die Innenpolitik. Im November sind Kongresswahlen und schon trommeln die Republikaner und werfen ihm vor, die Beziehungen zu Israel würden unter seiner Präsidentschaft zunehmend zerrüttet.

Doch immerhin: Die gegenseitigen Affronts der letzten Monate hat man hinter sich gelassen. Vorbei die Zeit der frostigen Telefongespräche und harschen Worte hinter den Kulissen, als die Israelis den Siedlungsbau in Ostjerusalem ausgerechnet dann verkündeten, als Vizepräsident Biden zu Gast war und später Präsident Obama Netanjahu bei dessen letzten Besuch im März eine diplomatische Ohrfeige verpasste, als er nicht einmal ein gemeinsames Foto zuließ. Obama und Netanjahu sind auf Kuschelkurs. Ob das Palästinenser und Israelis auf dem Weg zum Frieden im Nahen Osten weiter bringt, muss sich erst noch zeigen.

Autor: Christina Bergmann

Redaktion: Oliver Samson