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Verzögerungstaktik?

2. Juli 2003

- Skandal um Prämien für Vorstandsmitglieder der Stiftung für Polnisch-Deutsche Aussöhnung geht weiter

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Warschau, 30.6.2003, SUPER EXPRESS, poln.

Die Gerichtsverhandlung Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung gegen den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Stiftung, Jan Parys, wird frühesten in einem halben Jahr beginnen können. Jan Parys hat sich geweigert, die Prämie, die an die ehemaligen Vorstandsmitglieder der Stiftung unberechtigt gezahlt wurde, zurückzuzahlen. Warum wird dies jedoch solange dauern? Die Juristen der Stiftung haben die Klage beim falschen Gericht eingereicht. Dies wird die Verkündung des Gerichtsurteils erheblich hinauszögern.

Zur Erinnerung: An Jan Parys wurden 105 002,28 Zloty (etwa 26 250 Euro) als Prämie gezahlt. Er weigert sich jedoch, dem Beispiel seiner Kollegen zu folgen und diesen Betrag zurückzuzahlen. Es interessiert ihn nicht, dass die Opfer des Dritten Reiches unendlich lange Jahre auf eine Entschädigung warten müssen. Auch die Kritik in den Massenmedien lässt ihn kalt. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, das Geld von ihm zu bekommen, und zwar per Gerichtsurteil.

Die Stiftung, die sich um die Rückerstattung der Prämiengelder bemühen sollte, agiert aber langsam und fahrlässig.

"Herr Parys, geben Sie uns unser Geld zurück!" skandierten die Opfer des Dritten Reiches, um an das Gewissen des ehemaligen Vizevorsitzenden zu appellieren. Er dachte aber nicht daran, diesem Appell zu folgen. Die Stiftung brauchte aber auch lange, um zu überlegen, ob diese Angelegenheit vor Gericht verhandelt werden soll oder nicht. Sie entschied sich erst nach unserer Anfrage dazu.

Am 23. Mai 2003 wurde endlich bei der Dritten Abteilung des Zivilgerichtes für den Bezirk Warschau Klage eingereicht. Dann erwies sich jedoch, dass sie erhebliche Mängel aufweist: "In dieser Klage wurde z. B. nicht angegeben, ob Jan Parys bei der Stiftung beschäftigt war", sagte die Gerichtsvorsitzende, Richterin Malgorzata Krucka.

Nachdem diese Mängel beseitigt wurden, stellte sich heraus, dass diese Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden sollte: "Jan Parys war aufgrund eines Arbeitsvertrages bei der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung beschäftigt und aus diesem Grunde wurde die Klage an das Bezirksarbeitsgericht in Warschau weiter geleitet. Wenn in der Klage von Anfang an klar formuliert gewesen wäre, dass der Beklagte Angestellter der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung war, wäre diese Klage sofort an das Arbeitsgericht weitergeleitet worden", erklärt die Richterin Malgorzata Krucka.

"Wir haben diese Klage mit Absicht beim Zivilgericht in Warschau eingereicht, weil dieses Gericht sich mit Angelegenheiten des Zivilrechts und weniger des Arbeitsrechts befasst", sagt Magda Cieszkowska, Pressesprecherin der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung und fügt hinzu: "Unserer Ansicht nach bot dieser Weg mehr Möglichkeiten, um das Geld zurückzubekommen."

Dass die Auseinandersetzungen, die Arbeitnehmer betreffen, vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden, weiß doch jeder. Warum wissen die Juristen der Stiftung aber nichts davon?

Eines ist sicher: Auf das Urteil werden wir länger warten müssen. Diese Klage wird entweder Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres verhandelt. Wir haben weit über 1 000 Klagen zu bearbeiten", sagt Joanna Dyminska vom Arbeitsgericht in Warschau.

Liegt der Stiftung eigentlich viel daran, von dem ehemaligen Vizevorsitzenden Jan Parys das Geld wiederzubekommen und es dann an die Opfer auszuzahlen? Oder versucht sie nur Täuschungsmanöver zu starten, um die aufgebrachten Opfer zu beruhigen und den Massenmedien etwas vorzuspielen? (Sta)