Verwundetes Land
Trotz einer offiziellen Waffenruhe wird in der Ost-Ukraine ständig geschossen. Es herrscht eine Art Pseudokrieg, der den Osten des Landes wirtschaftlich und politisch lähmt. Christopher Bobyn berichtet von der Front.
Verlorenes Paradies
Ein Soldat patrouilliert in den Trümmern von Schyrokyne, wenige Kilometer von Mariupol entfernt. Das frühere Urlaubsparadies am Asowschen Meer wurde im August durch die Kämpfe zerstört. Schyrokyne mit seinen vielen Sommergästen war auch eine wichtige Einnahmequelle für Mariupol. Heute verläuft hier die Front. Ukrainische Soldaten und Separatisten stehen sich nur wenige hundert Meter gegenüber.
Zimmer mit Aussicht
Bei Mariupol beobachtet ein ukrainischer Soldat Stellungen der Separatisten durch ein Einschussloch in einem früheren Sanatorium. Trotz Waffenruhe ist Granatbeschuss an der Tagesordnung. Ukrainische Soldaten versuchen, Mariupol zu verteidigen. Denn nähmen die Separatisten die Stadt ein, bekämen sie wichtige Industrien und eine Landverbindung zwischen Russland und der Krim in die Hand.
Wie vor hundert Jahren
Eine ukrainische Stellung bei Mariupol mit ihren Schützengräben wirkt wie aus dem Ersten Weltkrieg. Die Soldaten an diesem Frontabschnitt müssen ständig mit Artillerie- und Gewehrfeuer rechnen. Sie bauen ihre Stellungen aus, um sich auf einen längeren Kampf vorzubereiten. Die Schützengräben und Bunker sind nicht nur Schutz, sondern auch "Wohnung" für die Soldaten während ihres Fronteinsatzes.
Badezimmer im Blätterwald
Morgenrasur an der Donezker Front, 500 Meter von den Stellungen der Separatisten entfernt. Durch sein Mobilmachungsgesetz hat die Ukraine Zehntausende einberufen und seine Streitkräfte von 130.000 im Dezember 2014 auf 280.000 Mann erhöht. Heute dienen Männer aus allen Gesellschaftsschichten entlang einer 200 Kilometer langen Front, die sich von der Küste bis zur ukrainischen Steppe erstreckt.
Vom Fernsehen an die Front
Die 31jährige Alla war Schauspielerin, bevor sie sich freiwillig zum Einsatz in einer zivil-militärischen Einheit meldete. Sie hilft Zivilisten im Konfliktgebiet, versorgt Soldaten mit Lebensmitteln und leistet Sanitätsdienste. Frauen sind von der Mobilmachung ausgenommen, können sich aber freiwillig melden: "Mein Freund war Offizier und sagte, ich solle meinem Land dienen. Ich stimmte ihm zu."
Privatspähre ist ein Privileg
Nach einem harten Tag im Einsatz, eine Panzerbüchse neben sich, geht Alla nach einer "Dusche" aus einer Wasserflasche auf Facebook. Sie ist die einzige Frau unter 20 Männern. Ein besetztes Ferienhaus am Asowschen Meer dient als Unterkunft. Die Kameraden haben ihr notdürftig aus Bücherregalen und Duschvorhängen ein wenig Privatsphäre geschaffen: "Die Jungs sind in Ordnung. Ich vertraue ihnen."
Hilfe aus dem Ausland
Freiwillige kanadische Ärzte operieren verwundete ukrainische Soldaten im Kiewer Militärkrankenhaus. Die 40 Ärzte führen schwierige Operationen durch, zu denen die ukrainischen Kollegen technisch nicht in der Lage sind. Kanada und andere Länder mit großen ukrainischen Minderheiten leisten wichtige Unterstützung, um finanzielle und technische Lücken bei den Kriegsanstrengungen zu füllen.
Narben des Krieges
Der 28jährige Andriy wurde durch eine Mine verwundet. Er wartet auf eine Operation kanadischer Ärzte, die die Narben glätten und Splitter entfernen sollen. Die Splitter sind so groß, dass Magnete an seiner Wange und seiner Stirn haften bleiben. Vor dem Krieg war er Unternehmer und arbeitete mit Satelliten. Bevor er zu seiner Arbeit zurückkehren kann, muss er zwölf Monate Wehrdienst leisten.
Die Heimatfront
Katja sitzt jetzt allein mit ihren beiden Töchtern, der zweijährigen Tascha und der neunjährigen Anja, in ihrer Kiewer Wohnung. Ihr Mann wurde eingezogen und dient an der Mariupol-Front. "Es ist schrecklich hier ohne ihn", sagt sie. "Ich brauche kein großes Haus oder viel Geld. Aber ich brauche hier meinen Mann, um meine Töchter großzuziehen."
Fern der Heimat
Katjas Ehemann Maxim, 29, sitzt auf seinem Feldbett in einem einfachen Bunker aus Erde und Holz an der Front bei Mariupol. Seit drei Monaten ist er hier. Vor der Mobilisierung importierte er Kleidung aus Deutschland für seine drei Läden in Kiew. Jetzt, wo er weg ist, sind die Läden geschlossen. Wenn sein einjähriger Wehrdienst vorbei ist, wird er das Geschäft und die Kontakte neu aufbauen müssen.
Friedensillusion
Ein ukrainischer Soldat steht an einem Kontrollposten in Donezk. Die Waffenruhe wird täglich durch Artillerie- und Gewehrfeuer gebrochen. Es ist ein Krieg ohne große Schlachten, eher ein zermürbender Pseudokrieg, mit festen Fronten und sporadischen Schüssen, der die Ost-Ukraine unbewohnbar macht. Er hinterlässt die 45-Millionen-Einwohner-Nation in wirtschaftlicher und politischer Lähmung.