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Verwirrung im Freistaat

8. September 2009

Nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten von Thüringen wird in dem Bundesland ein politisches Verwirrspiel gespielt. Die große Preisfrage lautet: Wer führt derzeit die Regierung?

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Christine Lieberknecht, Sozialministerin Thueringens, CDU, steht am 6. Februar 2009 im Erfurter Sozialministerium vor ihrem Bildnis, gemalt von dem Kuenstler Jost Heyder (Foto: AP)
Althaus-Nachfolgerin Lieberknecht?Bild: AP

Unglaublich, aber wahr: Ein Rücktritt ist kein Rücktritt. Zumindest dann nicht, wenn noch kein neuer Regierungschef gewählt ist. Die Übertragung der Geschäfte auf die Stellvertreterin von Althaus, Birgit Diezel, gilt nur, solange er nicht selbst wieder in Aktion tritt. Das besagt Artikel 75 der Verfassung. Althaus leitete am Dienstag (08.09.2009) nun wieder eine Kabinettssitzung in Erfurt. Vor der Presse berief Althaus sich anschließend auf die Landesverfassung, wonach ein Ministerpräsident eben auch noch nach dem Rücktritt die Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführe. Über die Motive für die Rückkehr kann nur spekuliert werden. "Er kann offenbar nicht loslassen und will bei seiner Nachfolge wohl noch ein Wort mitsprechen", sagt ein führendes Mitglied der Sozialdemokraten.

Ganz andere Pläne

Am späten Montagabend hatte die stellvertretende Regierungschefin und Finanzministerin Birgit Diezel ihre Kabinettskollegin, die Sozialministerin Christine Lieberknecht, als neue Ministerpräsidentin vorgeschlagen. Die erklärte sich dazu bereit, in einer möglichen CDU/SPD-Koalition die Nachfolge von Althaus als Regierungschefin anzutreten. Lieberknecht sagte im Deutschlandradio Kultur: "Auf jeden Fall ist die Ära von Althaus mit dem Rücktritt, den er selbst erklärt hat, zu Ende. Jetzt geht es darum, nach vorn zu schauen." Mit der Erklärung von Althaus, die Kabinettssitzung zu leiten, sei eine große Verwirrung entstanden, fügte sie hinzu. Laut Verfassung stehe ihm dies zwar zu, doch die Verfassungsfrage sei das eine, die politische Wahrnehmung das andere.

Der Ehrenvorsitzende der CDU in Thüringen, Bernhard Vogel, sagte zur Benennung Lieberknechts für die Althaus-Nachfolge: "Ich finde das sehr erfreulich." Die Sozialministerin habe schon immer seine "volle Sympathie" besessen. Ihre Erfahrungen auf mehreren Positionen im Kabinett und an der Spitze von Landtag und Fraktion qualifiziere sie für das Amt.

Dieter Althaus bei einer Pressekonferenz (Foto: AP)
Erst Rücktritt, dann Rückkehr: Dieter AlthausBild: AP

Rücktritt, Rückzug und Rückkehr

Für Verwirrung sorgte der 51-jährige Politiker mit Angaben über seinen Verbleib während der letzten Tage nach der überraschenden Rücktrittserklärung vom Donnerstag vergangener Woche. "Ich war nicht im Urlaub. Warum sollte ich im Urlaub gewesen sein? Ich war einfach zu Hause und habe meine Arbeit gemacht", sagte er. Seine Rückkehr am Dienstag in die Staatskanzlei sei im Kabinett "ganz normal zur Kenntnis genommen" worden. Die Kabinettssitzung habe gezeigt, dass alle Kollegen "voll hinter mir standen und stehen". Es habe keine Dissonanzen gegeben. "Ich habe meine Amtsgeschäfte nicht übertragen", sagte Althaus. "Ich regiere nicht, sondern führe mein Amt weiter."

Althaus war am Donnerstag mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Damit habe er die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis seiner Partei bei der Landtagswahl übernommen, sagte er. Die CDU kann auf Grund des Verlustes von zwölf Prozentpunkten bei der Landtagswahl am 30. August nur noch mit Hilfe der SPD weiterregieren. Neben einer schwarz-roten Koalition ist in Erfurt auch ein Bündnis aus SPD, Linke und den Grünen rechnerisch möglich. (ak/mas/ap/afdp/dpa/rtr)

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