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Vertrauen in neue Börsengänge kehrt zurück

Stefan Wolff 8. Februar 2006

Für viele Firmen in Europa ist der Gang aufs Börsenparkett wieder interessant geworden. Deutschland hat dabei Nachholbedarf, obwohl immerhin mehr als zwei Dutzend Firmen den Sprung auf das Parkett planen.

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Solche Kursgrafiken freuen jeden InvestorBild: Bilderbox

Der ganz große Wurf bleibt wohl in diesem Jahr aus. Denn der Medienkonzern Bertelsmann wird erst in den ersten Monaten des Jahres 2007 an der Börse debütieren. Dabei sehnen die Börsianer ein solches IPO (Initial Public Offering), so lautet die Fachabkürzung für einen Börsengang, geradezu herbei. Denn die Außenwirkung eines solchen Debüts ist immens, wie der Aktienhändler Tobias Belger erklärt: "Wenn dieses IPO erfolgreich wird, wird es auch Signalwirkung für die Märkte haben, weil man einfach sagen will: 'OK, schaut mal, ein dicker Brummer ist an die Börse gekommen.' Wenn er gut aufgenommen worden ist, ist das immer positiv für die Börse."

In wenigen Wochen wird wohl der Chemiekonzern Wacker das Eis für weitere Börsengänge brechen. Mit einem Wert von bis zu einer Milliarde Euro geht nicht gerade ein Leichtgewicht an den Start. Wacker hatte vor zwei Jahren den damals geplanten Börsengang kurzfristig abgesagt. Nun ist die Stimmung an der Börse deutlich besser, urteilt Tobias Belger. "Wir hatten erfreuliche Märkte in den letzten Monaten. Ich denke einfach, die Börsenlandschaft ist gut für neue Börsengänge."

Kandidaten

Nur bei steigenden Kursen und in einem guten Börsenklima können Börsendebüts auch gelingen. 2005 wagten sich 14 Unternehmen an die deutsche Börse, in diesem Jahr sollen es 30 und mehr werden. Damit erfüllt die Börse wieder eine ihrer Hauptaufgaben, indem sie Firmen mit Kapital ausstattet, das diese wiederum in ihr Wachstum investieren.

Eine große Rolle kommt bei den zukünftigen Börsengängen den Beteiligungsgesellschaften zu. Diese engagieren sich derzeit in diversen Unternehmen, die reif für einen Börsengang sein könnten, wie zum Beispiel der Gartengerätehersteller Gardena, der Telefonkonzern Debitel, der Armaturenspezialist Grohe oder der Pay-TV-Konzern Kabel Deutschland.

Kalkulationen

Normalerweise endet ein Engagement der so genannten Private-Equity-Gesellschaften mit einem baldigen Verkauf des Unternehmens; denn sie sehen sich als Eigner auf Zeit, und selten haben sie ein Interesse an einer spezifischen Branche, sondern vielmehr an einem guten Investment. "Ein sehr schöner Weg ist natürlich der Börsengang, wenn man ein interessantes und gutes Börsenklima vorfindet", meint Holger Frommann vom Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Mitunter kommt es jedoch auch vor, dass eine Private-Equity-Gesellschaft ein Unternehmen oder eine Beteiligung an eine andere verkauft.

Der Chiphersteller Infineon wird wohl in diesem Jahr seine Speicherchip-Sparte abspalten und an die Börse bringen. Nichts für schwache Nerven, urteilen Experten, da der Chip-Markt sehr anfällig für Krisen ist. Aber auch sonst gilt die Regel, dass man Aktien nicht einfach blind zeichnen sollte, warnt Ascan Iredi von der Postbank. "Es gilt eigentlich wie immer, wenn man sich an der Börse informieren möchte, die Devise: So viel wie möglich zu wissen, ist nur sinnvoll. Man muss eine ernsthafte Meinung zu dem Unternehmen haben, nur das schützt einen vor größerem Schaden." Zudem sei es oft so, dass Unternehmen, die schon bekannter seien, die eine gewisse Geschichte haben und etwas vorweisen könnten, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auch Erfolg an der Börse haben, als rein spekulative Geschäftsmodelle.

Computerbranche

Wenn Firmen nicht von Beteiligungsgesellschaften an die Börse begleitet werden, sind es meist junge Unternehmen, die den Gang an die Börse wagen. Auch hier ergeben sich nach Belgers Worten immer wieder Branchentrends. "Momentan denke ich, dass wir vor allen Dingen in den neuen Energien sehr stark sind. Ich denke, da wird der eine oder andere Börsengang ganz sicher auch noch kommen, beispielsweise Solarwerte, auch wenn die momentan vielleicht ein bisschen heiß gelaufen sind", sagt Belger. "Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten verstärkt im IT-Bereich oder generell auch im Computerbereich neue IPO's sehen werden."

Börsianer spekulieren derzeit über IPOs kleinerer Unternehmen wie Solarwatt, das Softwareunternehmen Magix und die Hightechfirma Smartrac. Wer aber wann das Parkett entert, entscheidet sich meist kurzfristig. Bei trüberem Börsenwetter kann ein Börsengang auch schnell wieder abgeblasen werden.