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Versteckte EU-Blüten

Bernd Riegert1. Juni 2005

Die EU-Bürokratie breitet ihre Arme wie eine Krake über Europa aus. Neben der EU-Kommission mit ihren rund 20.000 Beamten in Brüssel leistet sich die Union zur Zeit auch 23 so genannte "Agenturen".

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Es handelt sich dabei um dezentrale Behörden und Stiftungen in diversen Mitgliedsländern. Dort arbeiten 2700 Verwaltungshengste und Wissenschaftler. Tendenz steigend. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Agenturen sprunghaft von drei auf über zwanzig vervielfacht. Die Staats- und Regierungschefs der EU stimmten fröhlich zu, immer neue Agenturen einzurichten. Denn je mehr Agenturen es gibt, desto größer die Chance, dass auch für das eigene Land Behördensitz oder Leistungsposten abfallen.

Kuhhandel mit Agenturen

Oft war das Gerangel um die Agenturen Teil eines Kuhhandels nach der Devise: "Stimmst du diesem politischen Kompromiss zu, darfst du eine Agentur für die Verbesserung der Lebensbedingungen gründen." Das ist übrigens kein Witz. Die Agentur gibt es seit 1975 wirklich, sie residiert in Dublin und tut da angeblich viel Gutes für die Unionsbürger. Ein Blick auf die Aufgabenfelder der Agenturen offenbart gar seltsame Blüten. Es gibt eine für Lebensmittelsicherheit, eine für Übersetzungen und eine für Luftsicherheit, für die Beobachtung von Fremdenfeindlichkeit und viele mehr. Immerhin gehört auch EUROPOL in Den Haag zu den Agenturen. Von EUROPOL, die die internationale Polizeiarbeit koordiniert und Datenaustausch ermöglicht, hat man immerhin schon ab und zu etwas gehört.

In diesen Wochen streiten die führenden Institutionen der Union, Kommission, Parlament und Rat, um die heiß umkämpfte Haushaltsplanung für die Jahre 2007 bis 2013. Dabei sind Agenturen ins Blickfeld geraten, denn die Haushaltsexperten des Parlaments such händeringend nach Einsparmöglichkeiten. Viele sinnvolle Aufgaben der Agenturen könnten genauso gut von der Zentrale in Brüssel erledigt werden.

Goldene Eurokratenregel

Bestehende Agenturen zu schließen, ist wohl nicht drin, aber man wolle wenigstens die Wildwuchs beschneiden. Die EU-Kommission war auf Anfrage der zuständigen Parlamentarierin nicht in der Lage zu beziffern, wie viele Krakenarme in den kommenden Jahren noch wachsen werden. Auch die Personalentwicklung zeigt rasant nach oben. Manche Agenturen, wie die für die Grenzsicherung, sind noch in der embryonalen Phase und harren ihres Aufbaus zu richtigen Behörden mit verschlungenen Dienstwegen und schicken Formularen.

Gemessen am Gesamthaushalt sind die Agenturen nur eine Arabeske, aber irgendwo muss die EU ja mal anfangen zu sparen. Da könnte man eigentlich eine Spar-Agentur für gute Haushaltsführung gründen. Oder vielleicht eine Agentur für Arbeit, ach, die gibt es ja schon zumindest in Deutschland. Die goldene Bürokratenregel lautet: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. Die Eurokraten-Regel: Bleibt das Mitgliedsland recht stur, kriegt‘s auf jeden Fall 'ne Agentur.