Versandverbot für viele Arzneien geplant
28. Oktober 2016Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe will den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten untersagen. Als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur deutschen Preisbindung lässt Gröhe ein entsprechendes Gesetz vorbereiten. So wolle man eine wohnortnahe und flächendeckende Versorgung und Beratung sicherstellen, erklärte eine Sprecherin seines Ministeriums.
Gröhes Gesetzespläne, über die zuerst die "Rheinische Post" berichtet hatte, stoßen allerdings auf Widerstand - auch beim Koalitionspartner SPD. In der Vorwoche hatte der Europäische Gerichtshof die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente im grenzüberschreitenden Versandhandel gekippt. Das Urteil erlaubt ausländischen Versandapotheken wie der niederländischen Kette DocMorris Bonuszahlungen an Patienten.
Die deutschen Apotheker befürchten erhebliche Wettbewerbsnachteile durch diese Entscheidung. Der Apothekerverband ABDA bezeichnete Gröhes Verbotspläne deshalb als ebenso notwendig wie vernünftig. Andernfalls hätten ausländische Apotheken einen ungerechtfertigten Vorteil, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.
"Für chronisch Kranke unzumutbar"
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hält es hingegen für falsch, den Versandhandel zu verbieten. "Gerade für chronisch kranke Menschen in strukturschwachen Gebieten mit wenigen Apotheken wäre es unzumutbar, ihnen diesen einfachen Weg der Arzneimittelversorgung abzuschneiden", erklärte Lauterbach. Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz warf Gröhe vor, er mache Klientelpolitik für die Apotheker. "Es sind allein die Patienten, die die Geschenke des Ministers an die Apotheker bezahlen müssten."
Widerstand signalisierten auch die Krankenkassen: Johann-Magnus von Stackelberg vom GKV-Spitzenverband kritisierte, für Gröhes Vorhaben gebe es keinen erkennbaren Grund - außer den Lobbyinteressen der niedergelassenen Apotheker. "Im 21. Jahrhundert eine ganze Branche per Gesetz vom Online-Versandhandel ausschließen zu wollen, erscheint nicht zeitgemäß."
jj/uh (dpa, afp)