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Versöhnung gescheitert

11. Mai 2009

Im Irak gilt die Gleichberechtigung aller Bevölkerungsgruppen als oberste Priorität. Doch bislang kann von Harmonie wohl kaum die Rede sein. Eine Versöhnungskonferenz sollte die Lage stabilisieren – leider ohne Erfolg.

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Irak Flagge mit Präsident. Quelle: DW
Will die Autonomie der Provinzen einschränken – Ministerpräsident Nuri al-Maliki

„Wir müssen uns in Geduld üben, und irgendwann wird es dann auch zu einer Versöhnung kommen,“ sagt der irakische Parlamentarier Mahdi el-Hafiz. Eine desillusionierende Bemerkung, wenn man bedenkt, dass sie das Fazit einer 2-tägigen Versöhnungskonferenz ist. In Erbil, Hauptstadt der Provinz Kurdistan, hatten sich rund 200 Delegierte aus den verschiedenen Regionen des Irak tagelang an einen Tisch gesetzt – das angespannte Verhältnis zwischen den verschiedenen Ethnien konnten sie trotzdem nicht kitten.


Nationalisten gegen Föderalisten


Dass der Versöhnungskongress gerade in der kurdischen Region stattfand ist bezeichnend – ist es doch gerade der vermeintliche Separatismus der kurdischen Parteien, der bei derartigen Veranstaltungen immer wieder für Gesprächsstoff sorgt. So behauptet z.B. der Abgeordnete Saleh el-Motlak, die kurdischen Parteien würden ihre ethnischen Interessen über das nationale Interesse stellen. Es sei ihnen vor allem gelungen, ihre separatistischen Tendenzen in der irakischen Verfassung zu verankern. „Die Verfassung ist eine der Haupthürden, die einer Versöhnung im Weg stehen,“ meint der Parlamentarier denn auch.


Der Irak ist in zwei Lager geteilt –Nationalisten auf der einen und Föderalisten auf der anderen Seite. Die einen fordern eine stärkere Zentralregierung, die anderen mehr Autonomie für die einzelnen Provinzen. Zu letzteren zählen auch die Kurden.


Bevölkerung will mehr Einheit


Während der landesweiten Kommunalwahlen im Februar 2009 erlitten die Föderalisten einen Rückschlag – das Parteibündnis von Ministerpräsident Nuri al-Maliki - einer der Hauptadvokaten einer starken Zentralregierung - konnte etliche Sitze hinzugewinnen.

Viele Beobachter sahen dies als ein klares Zeichen einer sich verändernden politischen Lage im Land. Prompt brachte al-Maliki auch eines der Hauptstreitthemen wieder auf die Tagesordnung – die Verfassungsänderungen.

Irakische Soldaten während der Wahl 2009. Quelle: AP
Sie wollten mehr Zentralstaat - irakische Wähler bei den Kommunalwahlen 2009Bild: AP

Der Streit um die Verfassung


Die irakische Verfassung wurde schon vor Bildung der ersten frei gewählten Regierung verabschiedet. Sie enthielt deshalb entsprechende Mechanismen für eine baldige Revision durch das neu-gewählte Parlament. Nun steht diese Überarbeitung jedoch seit mehreren Jahren aus – sie scheitert an eben jenen grundlegenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Nationalisten und Föderalisten. Konkret gesagt: Die Verfassung in ihrer jetzigen Form verzichtet auf präzise Arbeitsaufteilung zwischen Zentral- und Provinzregierungen. Sie stellt jedoch im Zweifelsfalle die regionalen Interessen über die der Zentralregierung. Einen Umstand, den al-Maliki unbedingt ändern möchte. Das dürfte ihm allerdings schwer fallen – denn die kurdischen Parteien stellen sich quer.

Der kurdische Abgeordnete Feriad Aruan Duzy, ebenfalls Teilnehmer der Versöhnungskonferenz, besteht beispielsweise darauf, dass Versöhnungsbemühungen und verfassungsrechtliche Angelegenheiten strikt voneinander getrennt bleiben. „Die Verfassungsänderungen sind eine Sache und die Versöhnung eine andere,“ sagt er. „Einige dieser Änderungsvorschläge werden sich durchsetzen lassen und einige nicht, etwas anders ist in der Verfassung ja auch gar nicht vorgesehen.“

Es ist ein klarer Wink mit dem Zaunpfahl. Denn selbst wenn es Maliki gelingen sollte, die gewünschten Änderungen im Bundesparlament durchzusetzen – es wäre dann immer noch die Zustimmung der Provinzregierungen notwendig. Und die sind nach wie vor in den Händen der Föderalisten.

Autor: Mahmoud Tawfik

Redaktion: Ina Rottscheidt