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Kommentar

Peter Stützle8. Juni 2009

In Deutschland wird das Ergebnis der Europawahl vor allem mit Blick auf die Bundestagswahl Ende September analysiert. Die bundespolitischen Auswirkungen der Europawahl kommentiert Peter Stützle

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Frank-Walter Steinmeier, der Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat (links) mit SPD-Chef Franz Müntefering (Foto: AP)
Bild: DW

„Freude schöner Götterfunken“ jubelte Guido Westerwelle, als er am Wahlabend in der FDP-Zentrale ans Mikrofon trat. Der Vorsitzende der Liberalen ist seinem Ziel ein gutes Stück näher gekommen, Vizekanzler unter Angela Merkel zu werden. Der deutlichste Zugewinn unter allen Parteien, dazu der christdemokratische Wunschpartner deutlich vor dem sozialdemokratischen Herausforderer, da kann dem Oberliberalen schon die Anfangszeile von Friedrich Schillers „Ode an die Freude“ auf die Lippen kommen - deren Vertonung durch Ludwig van Beethoven passenderweise als Europahymne dient.

Nach der Europawahl...

Wobei - Europa war gestern, die deutschen Parteien aber denken von nun an an morgen, an die Bundestagswahl in 16 Wochen. Verdammt wenig Zeit für Frank-Walter Steinmeier, den Außenminister, der Angela Merkel ablösen will. Er und seine Sozialdemokraten waren sich sicher, dass diese Europawahl zum Startsignal für eine Aufholjagd im Rennen ums Kanzleramt wird. Bei der letzten Europawahl vor fünf Jahren war die Bundesregierung unter Gerhard Schröder im Popularitätstief, die SPD hatte das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren und die CDU/CSU ein ungewöhnlich gutes. Da konnte es, so dachten nicht nur sie, für die SPD diesmal nur noch aufwärts gehen und für die Union nur noch abwärts. Letzteres ist eingetreten, sogar deutlich. Doch die Sozialdemokraten haben, statt zuzulegen, sogar noch etwas schlechter abgeschnitten als vor fünf Jahren.

...ist vor der Bundestagswahl

Für die Sozialdemokraten ist das besonders bitter, weil sie jetzt, mitten im Fluss, kaum mehr die Pferde wechseln können. Sie haben vor weniger als einem Jahr ihren Vorsitzenden Kurt Beck gestürzt, weil dieser den Umfrage-Rückstand auf Merkels Union nicht aufholen konnte. Doch mit dem reaktivierten Parteichef Franz Müntefering und dem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier ging es, wie man jetzt weiß, auch nicht aufwärts. Es ist zwar damit zu rechnen, dass bei einer Bundestagswahl, wenn die Wahlbeteiligung fast doppelt so hoch ist, die Sozialdemokraten ihr Wählerpotential besser mobilisieren können. Aber so sehr, dass es fürs Kanzleramt reicht, wohl kaum mehr.

Nicht nur die Zeit drängt

Allerdings, auch Guido Westerwelle könnte die Freude noch vergehen, am Abend des 27. September, wenn die Bundestagswahl gelaufen ist. Seine FDP und ihr Wunschpartner CDU/CSU kamen jetzt, bei der Europawahl, zusammen nicht ganz auf 50 Prozent. Kleine Verschiebungen, und aus dem Vizekanzler wird wieder nichts. Der würde dann wohl weiter Frank-Walter Steinmeier heißen. Chefin aber, das ist nach dieser Europawahl wahrscheinlicher denn je, bliebe Angela Merkel.